Hillary Clinton for president sign held by African-American. gwen/Flickr

Zurück zum Sozialismus

LONDON – Das Bemerkenswerte an Jeremy Corbyn, dem linken Außenseiter, der das britische Establishment damit verblüfft hat, dass er die Führung über die Labour Party übernehmen konnte, ist nicht sein offensichtlicher Mangel an Patriotismus. Ob er bei öffentlichen Anlässen gern „God Save the Queen“ singt, ist eher trivial. Was an seiner Art von Linksgerichtetheit auffällt, ist eher, wie reaktionär sie ist.

Corbyn ist ein Sozialist der alten Schule, der die Reichen gern bluten lassen und das Transport- und Versorgungswesen wieder unter staatliche Kontrolle stellen möchte. Seine Klassenkampfrhetorik lässt einen vollständigen Bruch mit der üblichen Sozialdemokratie erkennen.

Die europäische Sozialdemokratie der Nachkriegszeit ist immer schon Kompromisse mit dem Kapitalismus eingegangen. Insbesondere in Großbritannien war die linke Ideologie immer eher von bestimmten christlichen Moraltraditionen („eher methodistisch als marxistisch") geprägt als von irgendeinem politischen Dogma. Labour-Führer wie Clement Attlee, der erste Ministerpräsident nach den Zweiten Weltkrieg, waren nie gegen die Marktwirtschaft eingestellt, sondern wollten die Märkte nur auf eine Art regulieren, die die Interessen der Arbeiterklasse am besten erfüllt.

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