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Götterdämmerung in Frankreich

PARIS – Auf der Place de la Concorde sind zwar keine Karren aufgetaucht, aber trotzdem könnte in Frankreich eine Revolution auf dem Weg sein. In den vergangenen Wochen wurden wir Zeugen des Prozesses gegen den Ex-Premier Dominique de Villepin und der Verurteilung des ehemaligen Verteidigungsministers Charles Pasqua. Und sogar Ex-Präsident Jacques Chirac musste zur Kenntnis nehmen, dass er gegen eine strafrechtliche Verfolgung nicht immun ist. Wird die „republikanische Monarchie“, wie Jean-François Revel sie nennt, gerade umgestürzt?

Die Französische Revolution hat nie wirklich mit den Privilegien der regierenden Klasse in Frankreich gebrochen. Es rollten einige Aristokratenköpfe, sicher, aber der Adel kehrte schließlich nach Frankreich zurück. Als die Republik die Monarchie 1875 endgültig ersetzte, haben die Wahlurnen das Geburtsrecht ersetzt, aber die neue regierende Elite glaubte, dieselben Rechte und Privilegien zu genießen, wie früher die Aristokraten.

Aber das Konzept der „republikanischen Monarchie“, in deren Zentrum die französischen Präsidenten und ihr Gefolge stehen, hat sich erst mit der fünften Republik durchgesetzt. Sobald der französische Präsident gewählt ist, haben er und sein Hofstaat Zugang zu finanziellen Privilegien, die nicht immer legal sind. Zudem leben sie geheimnisumwittert: wie sie staatliche Flugzeuge benutzen, die Beamten, die sie für persönliche Dienstleistungen einstellen, ganz zu schweigen von den Geliebten, all dies galt immer mehr oder weniger als ihre Privatangelegenheit. Journalisten vermieden es, davon zu berichten. Die Öffentlichkeit wusste entweder nichts von Ausschweifungen oder ging davon aus, dass die regierende Elite per Definitionem korrupt war.

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