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Die westlichen Helfershelfer der russischen Propaganda

TALLINN – Jeden Tag scheinen neue Enthüllungen über die politische Einmischung Russlands in westlichen Ländern ans Tageslicht zu kommen. Von Twitter-Trollen, die Zwietracht unter Wählern säen, bis hin zur angeblichen Unterstützung extremistischer Gruppen durch den Kreml untergräbt die russische Propaganda das Vertrauen in die demokratische Regierungsführung. Und obwohl westliche Politiker in ihren Reaktionen auf die Bestrebungen des Kremls, den Status quo zu kippen, vielleicht harte Worte finden, sprechen ihre Taten oftmals eine sehr viel schwächere Sprache. Russlands Einfluss auf Journalismus und Literatur ist dafür ein Paradebeispiel.  

Die finnische Autorin Sofi Oksanen bemerkte einmal, dass Russlands Informationskrieg funktioniert, weil es sich bei seinen Zielen oftmals um willige Mitwirkende handelt. Während des Kalten Krieges, beispielsweise, hielt Finnlands wirtschaftliche Abhängigkeit von Rohstoffen und Technologie aus Russland die finnische Führung davon ab, sich gegen den Kreml zu stellen. Dieses als „Finnlandisierung” bekannte Phänomen trägt zur Erklärung bei, warum die Erstausgabe der finnischen Übersetzung des Romans Der Archipel Gulag von Alexander Solschenizyn aus dem Jahr 1974 im benachbarten Schweden gedruckt wurde. 

Sogar Großbritannien beugte sich diesem Kalkül. Im Jahr 1944 versuchte das britische Establishment die Veröffentlichung von George Orwells Roman Farm der Tiere zu verhindern; der damalige Lektor T.S. Eliot argumentierte, dass die antisowjetische „Perspektive“ des Buchs „nicht überzeugend” sei. Niemand, so schien es, wollte Stalin verärgern, der damals Verbündeter Großbritanniens war.  

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