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Lenins Lehre für Israel und die Ukraine

LJUBLJANA: Wladimir Lenins Tod ist inzwischen ein Jahrhundert her, und seit dem Zusammenbruch des bolschewistischen Projekts sind mehr als drei Jahrzehnte vergangen. Doch während Lenins politisches Leben aus heutiger Sicht in vieler Hinsicht hochproblematisch war, ist sein unerbittlicher Pragmatismus noch immer wirkungsmächtig.

Man erinnere sich an Lenins berühmtes Bekenntnis zur „konkreten Analyse der konkreten Situation“. Man müsse sowohl dogmatische Treue gegenüber der Sache und prinzipienlosen Opportunismus vermeiden. Unter den sich rasch wandelnden Bedingungen der realen Welt bestünde der einzige Weg, einem Grundsatz treu – „orthodox“ im positiven Sinne des Wortes – zu bleiben, in der Änderung der eigenen Position. Daher machten sich die Bolschewisten 1922, nachdem sie allen Widrigkeiten zum Trotz im Bürgerkrieg gesiegt hatten, die „neue Wirtschaftspolitik“ zu eigen, die Privateigentum und Markt einen viel größeren Stellenwert einräumte.

Zu Erläuterung dieser Entscheidung verwendete Lenin die Analogie vom Bergsteiger, der den Rückzug antreten muss, „um höher aufzusteigen“ Nachdem er die Erfolge und Misserfolge des neuen Sowjetstaates aufgezählt hatte, zog er das Fazit: „Kommunisten, die keine Illusionen haben, die nicht in Verzagtheit verfallen und die sich ihre Stärke und Flexibilität bewahren, eine äußerst schwierige Aufgabe immer wieder ‚von vorn zu beginnen‘, sind nicht zum Scheitern verdammt (und werden aller Wahrscheinlichkeit nach nicht zugrundegehen).“

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