Das Gespenst der Stagflation

New York – Wird die zunehmende globale Inflation zu einer starken globalen Konjunkturabschwächung führen? Oder schlimmer noch, wird sie die Stagflation wieder auferstehen lassen, jene tödliche Kombination aus steigender Inflation und negativem Wachstum?

Die Inflation zieht bereits in vielen Industrienationen und aufstrebenden Märkten an, und es gibt Anzeichen für einen wahrscheinlichen Wirtschaftsabschwung in vielen hochentwickelten Wirtschaftsnationen (den Vereinigten Staaten, Großbritannien, Spanien, Irland, Italien, Portugal und Japan). In den aufstrebenden Märkten wurde die Inflation – bislang – mit Wachstum und sogar Überhitzung der Wirtschaft verbunden. Doch könnte der Wirtschaftsabschwung in den USA und anderen hochentwickelten Wirtschaftsnationen zu einer erneuten Kopplung der Wachstumskurven (anstelle einer Entkopplung) in den aufstrebenden Märkten führen, da die US-Rezession das Wachstum verlangsamt und die steigende Inflation die Währungsbehörden zwingt, ihre Geld- und Kreditpolitik zu verschärfen. Vielleicht steht ihnen dann eine „Stagflation light“ ins Haus – steigende Inflation zusammen mit stark verlangsamtem Wachstum.

Für eine Stagflation ist ein negativer Angebotsschock erforderlich, der die Preise steigen lässt, während er gleichzeitig die Produktion verringert. Stagflationsschocks haben in den letzten 35 Jahren dreimal zu einer globalen Rezession geführt: 1973-1975, als die Ölpreise nach dem Jom-Kippur-Krieg und dem OPEC-Embargo in die Höhe schossen; 1979-1980 nach der iranischen Revolution; und 1990-91 nach der irakischen Invasion in Kuwait. Selbst die Rezession von 2001 – ausgelöst vor allem durch die platzende High-Tech-Blase – wurde nach dem Beginn der zweiten palästinensischen Intifada gegen Israel von einer Verdopplung der Ölpreise begleitet.

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