a2b7d20346f86fa005528400_pa1533c.jpg Paul Lachine

Amerikanische Hasenherzigkeit

NEW YORK – Der exzentrische bengalische Intellektuelle Nirad C. Chaudhuri bezeichnete das Ende der britischen Herrschaft in Indien einst als einen Fall von „Hasenherzigkeit“ oder Verlust der Courage. Die Briten hatten aufgehört, an ihr Empire zu glauben. Sie verloren schlicht und einfach den Willen, die „wüsten Kriege des Friedens“ zu führen, wie es Rudyard Kipling formulierte.

In Kiplings Gedicht „Die Bürde des weißen Mannes“, in dem er die Weißen ermahnte, ihre Werte bei „euren neugefangenen verdrossenen Völkern, halb Teufel und halb Kind” zu verbreiten, ging es tatsächlich aber nicht um das britische Empire, sondern um die Vereinigten Staaten. Das Gedicht mit dem Untertitel „Die Vereinigten Staaten und die philippinischen Inseln“ wurde 1899 veröffentlicht, gerade als die USA ihren eigenen „wüsten Krieg des Friedens“ führten.

Chaudhuri hatte in gewissem Sinne recht. Ohne den Willen, nötigenfalls Gewalt einzusetzen, ist es schwierig, ein Imperium aufrecht zu erhalten. Viel politische Rhetorik und eine Flut neuer Bücher will uns weismachen, dass sich die USA momentan in einem gefährlichen Zustand der Hasenherzigkeit befinden.

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