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Die langweilige Wahrheit über KI

CAMBRIDGE – Experten, die davor warnen, dass künstliche Intelligenz katastrophale Risiken birgt, die denen einer nuklearen Vernichtung in nichts nachstehen, lassen den graduellen, diffusen Charakter technologischer Entwicklung außer Acht. Wie ich in meinem 2008 erschienenen Buch The Venturesome Economydargelegt habe, entwickeln sich transformative Technologien – von Dampfmaschinen, Flugzeugen, Computern, Mobiltelefonen und dem Internet bis hin zu Antibiotika und mRNA-Impfstoffen – in einem langwierigen Spiel mit zahlreichen beteiligten Akteuren, das sich einer Steuerung und Kontrolle von oben entzieht.

Joseph Schumpeters „Sturm der schöpferischen Zerstörung“ und neuere Theorien, die disruptive Durchbrüche ausrufen, sind irreführend. Wie der Wirtschaftshistoriker Nathan Rosenberg und viele andere gezeigt haben, tauchen transformative Technologien nicht aus heiterem Himmel auf. Stattdessen erfordern bedeutende Fortschritte die Entdeckung und allmähliche Überwindung vieler unvorhergesehener Probleme.

Neue Technologien bringen neue Risiken mit sich. Neben der kommerziellen und zivilen Nutzung entwickeln sich immer auch militärische Anwendungen. Flugzeuge und motorisierte Bodenfahrzeuge werden seit dem Ersten Weltkrieg in Konflikten eingesetzt, und Computer und mobile Kommunikation sind für die moderne Kriegsführung unverzichtbar. Das Leben geht trotzdem weiter. Technologisch fortgeschrittene Gesellschaften haben rechtliche, politische und Strafverfolgungsmechanismen entwickelt, um die Konflikte und die Kriminalität einzudämmen, die der technische Fortschritt ermöglicht. In den Vereinigten Staaten und anderen Ländern, die sich auf das Common Law und damit nicht nur auf Gesetze, sondern auch auf Präzedenzfälle stützen, sind Gerichtsurteile von Fall zu Fall von entscheidender Bedeutung. Diese Mechanismen sind – wie die Technologien selbst – evolutionär und anpassungsfähig. Sie bringen pragmatische Lösungen hervor, keine visionären Konstrukte.

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