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Europas digitale Zukunft

Anu Bradford, Professorin an der Columbia Law School und Verfasserin von The Brussels Effect: How the European Union Rules the World, traf sich kürzlich mit der geschäftsführenden Vizepräsidentin der Europäischen Kommission Margrethe Vestager, einem der führenden Köpfe der Europäischen Union in Regulierungs- und wirtschaftspolitischen Fragen, um zentrale Entwicklungen und Trends in der digitalen Wirtschaft zu diskutieren. Ob Datenschutz, Kartellrecht, Regulierung von Online-Äußerungen oder Innovationspolitik: Was in Europas digitaler Wirtschaft passiert, wird in den kommenden Jahren profunde, weitreichende Auswirkungen auf die übrige Welt haben.

Anu Bradford: Die meisten der großen Technologie-Unternehmen (Big Tech) waren in der letzten Zeit in den Nachrichten. Lassen Sie uns mit Apple beginnen. Die EU-Kommission hat vor kurzem eine Erklärung veröffentlicht, laut der das Unternehmen seine beherrschende Stellung in der Musik-Streaming-Branche missbraucht habe. Dies ist eins von mehreren Verfahren, die Sie gegen große amerikanische Technologieunternehmen eingeleitet haben, darunter auch Google und Amazon.

Was genau ist ihre Hauptsorge bezüglich der Weise, wie Big Tech agiert? Die Verbraucher lieben die Produkte dieser Unternehmen schließlich, und sie sind davon abhängig, und diese Abhängigkeit hat sich während der Pandemie noch verstärkt. Was ist der konkrete Schaden, den ein einzelner Verbraucher erfährt, und wie würde ein stärker wettbewerbsgeprägter Markt aussehen

Margrethe Vestager: Ein wettbewerbsgeprägter Markt ist zunächst einmal ein offener Markt, wo jemand, der investieren und innovativ tätig sein möchte, das auch tun kann. Man erinnere sich an das erste EU-Verfahren gegen Google 2010 wegen dessen Dienstes Google Shopping. In jenem Fall hatten neue Marktteilnehmer wenig Grund, in eigene Preisvergleichstechnologien zu investieren, weil die erbrachten Leistungen die Verbraucher dank Googles Kontrolle über die Suche nie erreicht hätten. Referenzpunkt unserer Politik ist die Förderung von Technologie und Innovation, sodass die Verbraucher tatsächlich mehr davon haben.

Das ist einer der Gründe, warum wir mit dem Gesetz über digitale Märkte (DMA), das die Europäische Kommission im Dezember vorgelegt hat, jetzt die Kavallerie herbeigerufen haben. Wir müssen verhindern, dass so etwas wie das, was zu dem Verfahren über Google Shopping geführt hat, wieder passiert.

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