Der Weg nach Slawjansk

TOKIO – Die Krise in der Ukraine zeigt, dass eine einzige Person den Weltfrieden gefährden kann. Allerdings handelt es sich dabei möglicherweise nicht um den russischen Präsidenten Wladimir Putin, der in Wahrheit lediglich Staatsoberhaupt einer großen Regionalmacht ist, die aufgrund seiner autoritären Herrschaft und der schwierigen Wirtschaftslage langfristig mehr eine Bedrohung für sich selbst als für die Welt darstellt. Nein, der einsame Akteur, der die meiste Verantwortung für die Bedrohung des Weltfriedens trägt, könnte unbeabsichtigterweise US-Präsident Barack Obama  mit seiner akademischen Trägheit und der scheinbaren Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal kleiner ferner Länder sein. 

Natürlich ist Obama nicht für die russische Invasion und Annexion der Krim verantwortlich oder für Putins russische Truppenkonzentration an der Ostgrenze der Ukraine, mit der man die Regierung in Kiew einschüchtern möchte. Ebenso wenig ist Obama automatisch allein für die Gestaltung der westlichen Beschwichtigungspolitik zuständig. Die deutsche Kanzlerin  Angela Merkel trägt ebenfalls beträchtliche Verantwortung: Hinter ihrer kämpferischen Rhetorik geht alles seinen gewohnten Gang, worin sich die Abhängigkeit des Landes von russischen Gaslieferungen widerspiegelt.  

Sehr wohl verantwortlich ist Obama jedoch für die offenkundige Gleichgültigkeit seiner Administration gegenüber dem Schicksal der von Amerika aufgebauten Ordnung, die seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs das Weltgeschehen beherrschte. Sollte er seine politische Gangart nicht verschärfen, könnten die Regeln und Normen, die den Frieden so lange Zeit garantierten, ihre Gültigkeit verlieren.

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