People walk past a poster of Chinese President Xi Jinping Greg Baker/Getty Images

Chinas Widersprüche

NEW HAVEN – Chinas alle fünf Jahre stattfindender Kongress der Kommunistischen Partei gehört zu jener Klasse seltener Ereignisse, wo Ritual und Dogma mit Selbstprüfung und Strategie einhergehen. Der 19. Nationalkongress, der am 18. Oktober begann, ist keine Ausnahme.

Ungeachtet der Spannung über potenzielle Änderungen in der Parteiführung, die in der Regel am Ende der Konferenz stattfinden, war Präsident Xi Jinpings am Eröffnungstag abgegebener politischer Bericht ein Ereignis von hoher Wirkungskraft. Bezeichnenderweise sagt er ebenso viel über die Partei aus wie über Xi. Wie Alice Miller, eine führende Sinologin an der Hoover Institution von Stanford, betont, wurde der Bericht mit großer Sorgfalt im Zeitraum eines ganzen Jahres abgefasst, um den Konsens im höchsten Parteigremium, dem 205 Mitglieder starken Zentralkomitee, zu vermitteln.

Drei Schlussfolgerungen aus Xis Ansprache sind besonders wichtig. Zunächst einmal wurden die ideologischen Fundamente des „Gedankenguts Xi Jinpings“ auf dasselbe hohe Bedeutungsniveau erhoben wie das „Gedankengut Mao Zedongs“, was Xi faktisch über seine drei Amtsvorgänger – Hu Jintao, Jiang Zemin und selbst den allgemein verehrten Deng Xiaoping – erhebt. Es ist über Xis Konsolidierung seiner Macht seit seiner Ernennung zum Generalsekretär im November 2012 schon viel geschrieben worden. Doch diese Erhöhung macht sie offiziell. Nach nur fünf Jahren im Amt hat die Parteiführung Xi zu einer der beiden größten historischen Gestalten des modernen Chinas gesalbt.

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