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Warum Mexiko krank ist

Mexiko-Stadt: Wenn ich an mein geplagtes Land denke, fallen mir die Verse eines Songs von Bruce Springsteen ein: „We are far, far away from home. Our home is far, far away from us.“ (Wir sind weit, weit weg von zu Hause. Unser Zuhause ist weit, weit weg von uns.) Das ist genau, wie sich das Leben in Mexiko heutzutage anfühlt: weit entfernt von demokratischer Normalität; weit entfernt von einem Gesundheitswesen, das Zuversicht aufkommen lässt; weit entfernt von einer Regierung, die Vertrauen aufbaut; weit entfernt von Zuhause und eng verbunden mit allem, was dieses Zuhause gefährdet.

Mein Heimatland hat zu einem Ort entwickelt, wo zu viele Menschen Opfer sind, sei es, dass sie einem Virus erliegen oder von Drogenhändlern niedergeschossen, von Räubern angegriffen, von schlecht ausgebildeten Polizisten erschossen oder von Mitgliedern einer Verbrecherbande entführt werden. Die Grippeepidemie, die vermutlich in dem im Süden gelegenen Bundesstaat Veracruz begann, ist ein weiteres Zeichen dafür, dass in Mexiko eine Menge schief läuft.

Das Land scheint in einem permanenten, bangen Tauziehen zwischen Vergangenheit und Zukunft gefangen zu sein, zwischen dem Wandel und jenen Akteuren, die versuchen, diesem Hindernisse in den Weg zu legen. So dauerte es nach dem Aufkommen erster Berichte über die Schweinegrippe drei Wochen, bis diese die Bundesgesundheitsbehörden erreichten, weil die Regierungen der Einzelstaaten aufgrund politischer und wahlpolitischer Überlegungen zögerten, die Fälle schnell zu melden.

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