8e36420346f86f5412f233c3_pa3858c.jpg Paul Lachine

Washington und die Kunst des Möglichen

CHICAGO – In diesen Tagen sind die Medien der Vereinigten Staaten voll mit normalen Bürgern, die ihrem Zorn gegen die Inkompetenz und Unreife ihrer Politiker Ausdruck geben. Die Schuldengrenze der US-Regierung wurde zwar rechtzeitig erhöht, aber die Vorgehensweise dabei war – und ist – sehr riskant. Die Öffentlichkeit stellt die Frage, warum sich Politiker nicht wie vernünftige Erwachsene zusammensetzen und sich rechtzeitig auf einen Konsens einigen können. Die Bürger fragen sich: Wenn wir unser Haushaltsbudget unter Kontrolle halten können, warum können unsere Politiker das nicht?

In Wirklichkeit allerdings sind die US-Politiker ein Abbild der – in höchstem Maße widersprüchlichen – Ansichten der amerikanischen Wählerschaft. Dass es keinen übergreifenden Konsens gibt, sollte niemanden verwundern. Tatsächlich ist die Einigung zur Erhöhung der Schuldengrenze in letzter Minute der Beweis dafür, dass die Politiker ihrer Aufgabe, für die sie gewählt sind, durchaus nachkommen: ihre Wählerschaft zu vertreten und Kompromisse nur für das Land als Ganzes einzugehen.

Die Schlüsselfrage ist, ob der politische Stillstand, der durch die Debatte über die Schuldenkrise sichtbar wurde, sich im Vorlauf der Präsidenten- und Kongresswahlen 2012 und danach noch verschlimmern wird. Diese Möglichkeit besteht, aber wir sollten die Zeichen der Hoffnung nicht übersehen, die darin liegen, was die US-Politiker gerade erreicht haben.

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