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Lasst uns Europa wieder bedeutsam machen

BERLIN – Es wird immer klarer, dass die Europäische Union nicht als globaler Akteur geschaffen wurde. Die EU ist eine rein europäische Idee, um einer durch Jahrhunderte ständiger Kriege verheerten Region Frieden und Wohlstand zu bringen. Sie war dazu gedacht, sich um ihre eigenen Angelegenheiten zu kümmern und die weltweit wichtigen Dinge Großbritannien und Frankreich zu überlassen, den beiden ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats.

Mit dieser Struktur hat die EU in ihrer Nachbarschaft für Stabilität gesorgt. Während andere Länder globale politische und wirtschaftliche Strategien verfolgt haben, haben sich die Europäer für eine schnelle regionale Integration auf ihre gemeinsame Geschichte, ihre demokratischen Strukturen und ihren moralischen Kompass verlassen. Aber diese Stärken können nicht dafür sorgen, dass Europa weiterhin relevant bleibt. Die Weltwirtschaft wird durch ökonomische Veränderungen und technologischen Fortschritt (wie Online-Plattformen, künstliche Intelligenz, Automatisierung, Datenmonopole, Nullgrenzkostenvertrieb) geprägt, was traditionelle Machtstrukturen beendet und in vielen Ländern zu einem politischen Umbruch führt.

Dort wird die wahre Schwäche Europas deutlich: Die EU und ihre Mitgliedstaaten haben auf die techno-politischen Trends unserer Zeit keine effektive Antwort. Einerseits verändert das Wachstum staatsübergreifender Konzerne die Standards der gesamten Weltwirtschaft; andererseits erzeugt Chinas Streben nach technologischer Unabhängigkeit (und dann Überlegenheit) eine Spaltung im weltweiten ökonomischen Überbau. Diese Trends sind zu einem gewissen Grad gegenläufig, aber sie haben eins gemeinsam: Europa steht dabei an der Seitenlinie.

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