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Wo sind all die asiatischen Tiger geblieben?

NEU DELHI – Dieses Jahrhundert sollte eigentlich das asiatische Jahrhundert sein, bei dem der Aufstieg Chinas nur ein – wenn auch wichtiger – Teil der Geschichte ist. Beim Rest sollte es um andere aufsteigende regionale Stars gehen: potenziell riesige Volkswirtschaften wie Indien, sich schnell industrialisierende Länder mit hohem mittlerem Einkommen wie Malaysia, strategisch bedeutende Exporteure von Mineralien und anderen Rohstoffen wie Indonesien, und ein paar relativ neue Kandidaten wie Vietnam und Bangladesch.

Viele hielten Asien einst für die dynamischste Region der Welt – mit relativ vorteilhafter Demographie und dem Potenzial für wirtschaftliche Diversifizierung, wobei Chinas zunehmend gigantische Wirtschaft und die immer stärkeren Lieferketten einen großen Teil der Region unweigerlich mit sich ziehen sollten. Dieser Glaube wurde durch Chinas eigene Außenhandels- und Investitionspläne noch gestärkt: Es wurde erwartet, dass das Land über Institutionen wie die Chinesische Entwicklungsbank und seine Exportbank – und danach auf noch besser strukturierte Art über die „Neue Seidenstraße“ – erhebliche Entwicklungshilfe, Direktinvestitionen und Kredite bereitstellt. Dadurch sollte die Transport- und Energieinfrastruktur entwickelt sowie ein verstärkter regionaler und globaler Handel logistisch unterstützt werden. Und mit Abkommen wie der Regionalen Wirtschaftspartnerschaft mit 15 Ländern sollte später die Entwicklung eines massiven wirtschaftlichen Blocks gefördert werden.

Dies war zumindest zu Beginn der 2010er Jahre die allgemeine Ansicht, die dadurch noch verstärkt wurde, dass sich der größte Teil der Region schnell von der globalen Finanzkrise von 2008 erholen konnte. Aber im letzten Jahrzehnt hat sich viel verändert. Dass der Westen so von China und der vermeintlichen Gefahr seines Aufstiegs besessen ist, bedeutet, dass die G7-Staatschefs (und die meisten westlichen Experten) keinen detaillierten Blick auf die anderen asiatischen Schwellenländer geworfen haben. Hätten sie dies getan, wäre ihnen aufgefallen, dass die meisten von ihnen einem erheblich beunruhigerenden Trend folgen.

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