Tzipi Livnis Israel

HAIFA: Israelis sind berühmt für ihre Respektlosigkeit und neigen dazu, ihre Führer bei deren Vor- oder Kindheitsspitznamen zu nennen. Aber lassen Sie sich nicht täuschen: Tzipi (Tzipora) Livni ist niemandes enge Freundin. Ihr trockener Stil, ihre Distanziertheit und ihr gezwungenes Lächeln machen sie zu einem untypischen Israeli. Aber vielleicht braucht das Land derzeit genau das: einen untypischen Israeli am Steuer.

Als neu gewählte Vorsitzende der Kadima-Partei konnte Livni ihren Rivalen, Shaul Mofaz, nur mit Mühe und Not bezwingen. Ihr von Korruptionsvorwürfen überschütteter und vor dem Rücktritt stehender Vorgänger Ehud Olmert ist nicht gerade ihr größter Aktivposten. Und doch meinten es die Meinungsumfragen – außerhalb der engen Parteigrenzen – außergewöhnlich gut mit ihr: Ein enormer Querschnitt der israelischen Öffentlichkeit wünscht sich, dass Livni die politische Führung übernimmt. Es ist eine Weile her, dass irgendeiner nationalen Persönlichkeit derartiges Ansehen entgegengebracht wurde. Falls sie es schafft, Olmerts Koalition wieder aufzubauen und Israels nächste Ministerpräsidentin zu werden, wird Livnis zu Hause und im Ausland über einen außergewöhnlichen Vertrauensvorschuss verfügen.

Der Grund hierfür ist, dass Livni die sprichwörtliche Vertreterin des israelischen Mainstream ist. Sie kommt aus dem Kernland einer erfolgreichen und gemäßigten Zivilgesellschaft flankiert von Extremismus und Zorn.

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