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Die EU auf dem Weg nach Rom

MADRID – Ende dieses Monats werden sich die Spitzenpolitiker der Europäischen Union (mit Ausnahme der britischen Premierministerin Theresa May) in Italien einfinden, um den 60. Jahrestag der Römischen Verträge zu begehen. Jubiläumsfeierlichkeiten bieten immer eine gute Entschuldigung für Eigenlob und die Rhetorik, derer man sich im Vorfeld des Gipfels in Rom bedient, lässt vermuten, dass es auch diesmal nicht anders sein wird. Doch die Spitzenpolitiker der EU sollten dieses Jubiläum als Chance wahrnehmen, das von ihnen gefeierte Projekt einmal gründlich zu überdenken.

Die EU befindet sich auf dem Scheideweg. Obwohl Großbritannien den Austrittsprozess formell noch nicht einmal eingeleitet hat, beschädigte der Brexit bereits eine der Gründungsideen des europäischen Projekts: nämlich, dass die Integration, so langsam sie auch vonstatten gehen möge, immer weiter voranschreiten würde. Mittlerweile droht der aufstrebende nationalistische Populismus, sechs Jahrzehnte des Fortschritts zunichte zu machen.

Eine Feier der europäischen Einheit ist möglicherweise der ideale Zeitpunkt, sich mit der ungeschminkten Wahrheit der Uneinigkeit auseinanderzusetzen und einen Weg in die Zukunft zu konzipieren. Doch um den Gipfel in Rom dafür zu nutzen, bedarf es Ehrlichkeit, Selbsterkenntnis und einer klaren Vision. Damit tun sich die EU-Spitzenvertreter allerdings schwer; sie üben sich lieber in hochtrabender Rhetorik, als pragmatische Lösungen anzubieten.   

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