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Das transatlantische Führungsvakuum

WASHINGTON, DC – Die transatlantische Sicherheit erscheint heute wie ein Geisterflugzeug. Mit einer unfähigen – das heißt,  ideen- und führungslosen – „Crew” fliegt die Maschine so lange im Autopilot-Modus bis sie unweigerlich gegen ein Hindernis prallt oder bis ihr der Treibstoff ausgeht und sie abstürzt. Um die Katastrophe abzuwenden, muss das Personal im Cockpit aufwachen – und zwar rasch.

Seit Ende des Zweiten Weltkriegs stand die transatlantische Sicherheit unter der Führung der Vereinigten Staaten als dominierende Macht Europas (und der Welt).  Doch unter Präsident Donald Trump nehmen die USA ihre Führungsaufgabe kaum wahr. Tatsächlich ist nicht einmal klar, wer in der Regierung Trump dafür wirklich noch zuständig ist.  Der ehemalige US-Außenminister Henry Kissingers stellte angeblich einmal die Frage: „Wen rufe ich an, wenn ich Europa sprechen möchte?“ Heute kann man diese Frage getrost in die andere Richtung über den Atlantik stellen.

Als Trump das Präsidentenamt übernahm, dachten Amerikas europäische Verbündete (und ein Großteil der restlichen Welt), sie würden die Antwort auf diese Frage kennen. Sie hofften, die USA würden, ungeachtet des Gepolters aus dem Weißen Haus, den Status quo letztlich unterstützen. Die US-Politik, so redeten sie sich ein, wäre nicht von Trumps Tiraden auf Twitter, sondern von den zuverlässigeren „Erwachsenen” in seiner Regierung bestimmt– also von Trumps erstem Außenminister Rex Tillerson, seinem zweiten nationalen Sicherheitsberater H.R. McMaster und von seinem Verteidigungsminister James Mattis.

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