Der übliche Verdächtige

BERKELEY: Überall in der euroatlantischen Welt verläuft die Erholung von der Rezession der Jahre 2008-2009 weiter lustlos und schleppend und verwandelt so eine ursprünglich problemlos behebbare zyklische Arbeitslosigkeit in eine strukturelle Arbeitslosigkeit. Und was zunächst ein kleiner Betriebsumfall im Prozess der Kapitalakkumulation war, hat sich in eine anhaltende Investitionslücke verwandelt – was einen geringeren Kapitalstock und ein geringeres reales BIP-Niveau nicht nur heute (wo die Erholung noch unvollständig ist), sondern möglicherweise noch für Jahrzehnte bedeutet.

Eine Hinterlassenschaft der westeuropäischen Erfahrung der 1980er Jahre ist eine Faustregel: Jedes Jahr, in dem infolge nachlassender Investitionen eine geringere Erwerbsbeteiligung und ein verringerter Kapitalstock die Produktion um 100 Milliarden Dollar unter ihr normales Niveau senken, impliziert, dass das Produktivpotenzial bei Vollbeschäftigung in künftigen Jahren zehn Milliarden Dollar unter dem Wert liegt, der ansonsten prognostiziert worden wäre.

Dies hat enorme fiskalische Auswirkungen. Nehmen wir an, die USA oder die westeuropäischen Kernvolkswirtschaften würden ihre staatlichen Einkäufe für das nächste Jahr um 100 Milliarden Dollar steigern. Und nehmen wir weiter an, dass ihre Notenbanken zwar nicht bereit sind, weiter eine unkonventionelle Geldpolitik zu verfolgen, zugleich jedoch nicht geneigt sind, die Politik der gewählten Regierungen zu behindern, indem sie deren Bemühungen zur Ankurbelung ihrer Volkswirtschaften durch gegenläufige Maßnahmen ausgleichen. In diesem Fall ergibt sich, bedingt durch konstante monetäre Rahmenbedingungen, ein simpler Multiplikator, gemäß dem wir rund 150 Milliarden Dollar zusätzliches BIP erwarten können. Dies wiederum sorgt für 50 Milliarden mehr Steuereinnahmen, sodass die Staatsverschuldung um lediglich 50 Milliarden steigen würde.

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