Der Ärger mit der europäischen Verteidigung

WASHINGTON, D.C.: Der Nizza-Gipfel der EU-Führer erreichte nur wenige seiner Ziele, trieb aber die Schaffung einer militärischen Identität für die EU voran, die Europäische Ver-tei-di-gungsinitiative. Diese Entwicklung beginnt jedoch, sowohl in der NATO als auch in den Vereinigten Staaten Besorgnis zu erregen.

Lange ist es ein Grundprinzip amerikanischer Außenpolitik gewesen, jeglichen Schritt in Richtung auf eine weitere Integration der Europäischen Union zu billigen. Falls spezifische US-Interessen durch solche Schritt möglicherweise geschädigt werden, wird mit dem Versuch, Details zu korrigieren, ohne sich gegen die gesamte Initiative zu stellen abgeholfen. Im Gegensatz zu den britischen Konservativen, einigen französische Gaullisten und vielen Dänen und Schweden haben Amerikaner keine Angst vor der Aussicht auf die Vereinigten Staaten von Europa, sicherlich ein möglicher Konkurrent, aber ebenso ein dringend benötigter Partner in der Welt.

Als die Europäische Verteidigungsinitiative zum erstenmal in Erscheinung trat, war Amerikas Reaktion nicht anders. Obgleich einige freimütige französische Befürworter der Europäischen Verteidigungs-initiative kein Geheimnis aus ihrem Wunsch machten, die NATO insgesamt zu ersetzen (worin sie den einzigen Weg sehen, Europa von der amerikanischen Hegemonie zu emanzipieren), wurde die Europäische Verteidigungsinitiative in den Gremien der Europäischen Union nicht auf diese Weise offiziell vorgestellt und diskutiert. Diese offizielle Europäische Verteidigungsinitiative sollte eine Ergänzung zur NATO und nicht ihr Konkurrent sein. Ihr Zweck sollte darin bestehen, europäische Streitkräfte für weniger anspruchsvolle Operationen zur Friedenssicherung, die nicht die Beteiligung amerikanischer Kampftruppen erfordern, bereitzustellen.

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