dr2193c.jpg Dean Rohrer

Die weiche Macht der Vereinten Nationen

Josef Stalin diskreditierte die Bedeutung der „Soft Power“, also der weichen Macht, einst mit der Frage: „Wie viele Divisionen hat der Papst?“ Heute diffamieren selbsternannte Realisten die Vereinten Nationen als machtlos und meinen, man könne sie getrost ignorieren. Damit liegen sie falsch.

Macht ist die Fähigkeit, andere auf eine Weise zu beeinflussen, so dass man selbst sein angestrebtes Ziel erreicht. Harte Macht wird über Geld und Zwang ausgeübt (Zuckerbrot und Peitsche), weiche Macht hingegen über Anziehungskraft und Kooptation. Nachdem die UNO über keine eigenen Truppen und ein relativ bescheidenes Budget verfügt, hat sie auch nur so viel harte Macht, wie sie von ihren Mitgliedsländern zugestanden bekommt. Die Vereinten Nationen wurden 1945 gegründet, um ihren Mitgliedsländern zu dienen und Artikel 2.7 der UNO-Charta sieht den Schutz des souveränen Hoheitsbereichs der Mitgliedsstaaten vor.

Nach dem Scheitern des Völkerbundes in den 1930er Jahren wurde die UNO gegründet und so konzipiert, dass die ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates quasi als Polizisten agieren, um der kollektiven Sicherheit Geltung zu verschaffen. Wenn sich die Großmächte verständigten, verfügte die UNO über beträchtliche harte Macht, wie sich an den Beispielen des Koreakriegs und des ersten Golfkriegs zeigte. Derartige Fälle blieben allerdings die Ausnahme. Während des Kalten Krieges war der Sicherheitsrat gespalten. Ein Experte drückte es folgendermaßen aus: Das Vetorecht der ständigen Mitglieder sollte wie ein Sicherungskasten in einem elektrischen System wirken. Besser es gehen die Lichter aus, als das ganze Haus brennt ab.

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