Der nächste amerikanische Präsident

Cambridge, Mass.: Der amerikanische Präsidentschaftswahlkampf findet weltweite Beachtung. Die Tatsache, dass unter den letzten drei Kandidaten im Rennen eine Frau, ein Afroamerikaner und ein alter Mann, der die eigene Partei des Öfteren herausgefordert hat, sind, legt nahe, dass sich die Vereinigten Staaten nach ihrem Popularitätsabsturz während der Bush-Jahre die Fähigkeit erhalten haben, sich selbst neu zu definieren. Doch muss dem nächsten Präsidenten bewusst sein, dass sich auch die Art und Weise, wie wir Führung definieren, ändert.

Die Informationsrevolution verwandelt Politik und Organisationen. Die Hierarchien werden flacher, und Wissensarbeiter reagieren auf andere Anreize und politische Appelle. Umfragen zeigen, dass die Menschen heute weniger bereit sind, sich der Autorität unterzuordnen, sei es in Organisationen oder in der Politik. Soft Power – die Fähigkeit, sich das, was man will, durch eigene Attraktivität statt durch Zwang oder Zahlungen zu verschaffen – wird immer wichtiger.

Selbst das Militär steht vor derartigen Änderungen. Das Pentagon meldet, dass die Ausbilder der amerikanischen Armee inzwischen „die Leute weniger anbrüllen“, weil die heutige Generation besser auf Anleiter reagiert, die „eine stärker beratende Rolle“ spielen. Der militärische Erfolg gegenüber Terroristen und Aufständischen erfordert es, dass die Soldaten Herz und Verstand der Bevölkerung gewinnen, nicht einfach nur Menschen aus dem Weg räumen. Führungstheoretiker sprechen von „gemeinsamer“ und „verteilter Führung“ und suggerieren ein Bild von Führungskräften, die im Zentrum eines Kreises stehen statt an der Spitze einer Hierarchie. 

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