Von Liberia lernen

Der amerikanische Außenminister Colin Powell und UN-Generalsekretär Kofi Annan haben in der vergangenen Woche gemeinsam vor den Vereinten Nationen auf eine schnelle und umfassende Finanzhilfe für Liberia gedrängt, wo die Entscheidung zwischen möglicher Erholung und neuerlichem Abgleiten in die Gewalt auf Messers Schneide steht. Die Reaktion war erfreulich, da u.a. die Europäische Union die Anstrengungen zum Wiederaufbau des zerrütteten Landes uneingeschränkt unterstützte. Die nahezu einhundert Teilnehmerstaaten der Konferenz sagten Liberia mehr als $500 Mio. an Wiederaufbauhilfe zu.

Für viele Beobachter stand dieses demonstrativ zur Schau gestellte Einvernehmen in einem auffälligen Gegensatz zu den tiefen Spaltungen innerhalb der Weltgemeinschaft im Umfeld des Irakkrieges. In vieler Hinsicht jedoch ist es der Irakkrieg, der die Anomalie darstellte. Der internationale Konsens über die dringende Notwendigkeit, Liberia zu befrieden und neu aufzubauen - unter der Führung der UN, der ein einiger Sicherheitsrat die Richtung vorgibt - entspricht den weltweiten Reaktionen auf Friedensabkommen in vielen anderen nationalen und regionalen Konflikten, von Osttimor, Kambodscha und Mosambik bis hin zu Liberias Nachbarstaaten Sierra Leone und Elfenbeinküste.

Trotz weltweiter Einigkeit jedoch über die Notwendigkeit, solche Gelegenheiten zu nutzen, stehen wir nach ihrem Eintreten zu häufig vor der Verlegenheit, in aller Eile Geldgeber finden und Teams von Experten und Logistikern zusammenstellen zu müssen, um dringend benötigte Hilfe zu leisten. Wie am Beispiel Liberia, wo im August ein Friedensabkommen unterzeichnet wurde, zu sehen war, dauert dies selbst im besten Fall gefährlich lange. Bevor sich ein zweites Liberia ereignet, müssen wir als Weltgemeinschaft einen Weg finden, um die Ressourcen für friedensstiftende Missionen deutlich schneller bereitzustellen.

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