Die indische Option

Der für diesen Februar anberaumte Besuch des französischen Präsidenten Jacques Chirac in Indien, um den Verkauf von 6 Angriffs-U-Booten an Indien zu besiegeln, beweist erneut, dass sich Indien mittlerweile zu einem wirtschaftlichen und diplomatischen Gravitationszentrum entwickelt hat. Eine sowohl von Amerika als auch von der Europäischen Union zuweilen angestrengte „strategische Partnerschaft“ mit China scheint mit dem demokratischen Indien glaubwürdiger und auch wünschenswerter.

Mit einem muslimischen Präsidenten, einem Sikh-Premierminister, einem hinduistischen Außenminister und einer im Ausland geborenen Christin als Chefin der regierenden Kongresspartei ist Indien eine ebenso bemerkenswerte Erfolgsgeschichte wie der seit zwanzig Jahren andauernde Boom, den die Kommunistische Partei Chinas zustande gebracht hat. Als sich im Jahr 1991 eine Zahlungsbilanzkrise abzeichnete, kehrte Indien seinem sozialistischen Vermächtnis den Rücken und verzeichnete mit 7,5 % ein nur unwesentlich langsameres jährliches BIP-Wachstum als China. Indien hat seine Wirtschaft für den Welthandel geöffnet und begonnen, viele der vormals verstaatlichen Industrien zu privatisieren (wenn auch vielfach zu langsam).

High-Tech-Firmen haben diese Anstrengungen außerordentlich unterstützt, indem sie Indien aufzeigten, dass es als Mitbewerber am globalen Markt mehr zu gewinnen als zu verlieren hat. Vielleicht zum ersten Mal seit der Erfindung der Null hat Indien nun wieder ein heiß begehrtes Produkt zu verkaufen – und diesmal kann es die Gewinne daraus ganz für sich behalten. Außerdem ist international ein regelrechter Kampf um indische Experten entbrannt.

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