Die Stunde der Hamas

Israels einseitiger Abzug aus allen 21 Siedlungen im Gazastreifen sowie aus vieren im Westjordanland hat für die Palästinenser eine neue Realität geschaffen. Die Entscheidung der Palästinenser, wie sie auf diese veränderten Umstände reagieren werden, könnte durchaus bestimmen, ob sie endlich einen unabhängigen Staat erringen oder nicht. In sofern könnte sich dieser Moment als größte Chance der Palästinenser erweisen – oder, in den Worten von Abba Eban, als eine weitere Gelegenheit, eine sich bietende Chance zu verpassen.

Wie die Palästinenser reagieren werden, hängt im Wesentlichen davon ab, wie der politische Apparat der Palästinenser mit der wachsenden Macht der palästinensischen islamischen Bewegung umgeht, die nach dem Abzug der Israelis unzweifelhaft einen erheblichen Anteil an der Macht im Gazastreifen erwartet. Werden die bewaffneten Gruppen ihren Kampf gegen Israel wieder aufnehmen, oder wird die palästinensische Autonomiebehörde eingreifen, um die Angriffe zu entschärfen oder zu bekämpfen? In welchem Maße sind die vom palästinensischen Präsidenten kontrollierte säkulare Bewegung Fatah und die islamistische Hamas bereit, eine Übereinkunft über die weitere Vorgehensweise nach dem Rückzug herzustellen?

Abbas und andere Vertreter der Autonomiebehörde betonen die Notwendigkeit „eines Regimes, eines Rechtssystems und des politischen Pluralismus“. Abbas strebt außerdem an, dass alle Waffen nur noch in den Händen der Autonomiebehörde liegen. Er hat die die militanten Palästinenser erfolgreich von der Einstellung der Feindseligkeiten überzeugen können, um den Israelis und der Welt zu zeigen, dass ein Abbruch der Siedlungen keine israelisch-palästinensische Gewalt beinhalten müsse.

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