Die Zähmung der Politiker auf beiden Seiten des Atlantiks

Trotz gelegentlichen Murrens der Politiker zweifelt niemand ernsthaft an der Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank oder an der Tatsache, dass die Währungspolitik innerhalb der Eurozone gerade deshalb sehr gut vor politischem Druck geschützt ist. Aber der kürzliche Zusammenbruch des Wachstums- und Stabilitätspaktes, der von seinem Erfinder Deutschland unter Mitwirkung des Mitverschwörers und willigen Komplizen Frankreich zu Fall gebracht wurde, erinnert uns an die wichtigste Lektion: Gewählte Politiker finden es schwierig, wenn nicht gar unmöglich, umfangreiche Kompetenzen im Bereich der Haushaltspolitik aus den Händen zu geben.

Das Gleiche gilt auch auf der anderen Seite des Atlantiks. Auch das Leitungsgremium der amerikanischen Notenbank Federal Reserve ist natürlich sehr unabhängig. Aber jeder Versuch, den haushaltspolitischen Spielraum der amerikanischen Regierung beispielsweise durch Regelungen in der Art eines Stabilitätspaktes wie dem berüchtigten Gramm-Rudman-Gesetz aus der Clinton-Ära zu beschneiden, endet, angesichts des von Präsident und Kongress ausgeübten Drucks, ausnahmslos im Zusammenbruch der Regelungen.

Währungspolitik kann im gleichen Ausmaß wie Haushaltspolitik zur wirtschaftlichen Stimulierung genutzt werden, vielleicht sogar noch mehr, worauf es Politiker vor allem in Wahljahren abgesehen haben. Aber die unbesonnene Anwendung dieser Mechanismen zur Erreichung kurzfristiger Ziele kann langfristige Kosten verursachen. Das rechtfertigt manche Beschränkung der Freiheit von Politikern, die makroökonomische Politik zu beeinflussen.

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