Vermont river sunset Adam Riquier/Flickr

Warum die Ziele für eine nachhaltige Entwicklung wichtig sind

ROM – Nach den Fortschritten im Rahmen der Millenniumziele, die die globalen Bemühungen im Bereich der Entwicklung in den Jahren 2000-2015 lenkten, sind die weltweiten Regierungen derzeit dabei, eine Reihe von Zielen für die nachhaltige Entwicklung (ZNEs) für den Zeitraum von 2016-2030 auszuhandeln. Die Millenniumziele konzentrierten sich auf die Beendigung von äußerster Armut, Hunger und vermeidbaren Erkrankungen und waren die bedeutendsten globalen Entwicklungsziele in der Geschichte der Vereinten Nationen. Die ZNEs werden den Kampf gegen die äußerste Armut fortsetzen, aber zusätzlich die Herausforderungen aufgreifen, eine gerechtere Entwicklung und größere ökologische Nachhaltigkeit zu gewährleisten – insbesondere das wichtige Ziel, den Gefahren des menschgemachten Klimawandels entgegenzuwirken.

Aber wird eine neue Reihe von Zielen dazu beitragen, die Welt von ihrem gefährlichen Weg des „Business as usual“ auf einen Pfad echter nachhaltiger Entwicklung zu führen? Können UN-Ziele wirklich einen Unterschied machen?

Die Erfahrungen mit den Millenniumzielen sind beeindruckend und ermutigend. Im September 2000 verabschiedete die UN-Generalversammlung die „Millenniumserklärung“, in der die Millenniumziele enthalten waren. Diese acht Ziele entwickelten sich zum Kernstück der Entwicklungsbemühungen für arme Länder weltweit. Haben sie wirklich etwas bewirkt? Die Antwort scheint „Ja“ zu lauten.

Es hat infolge der Millenniumziele deutliche Fortschritte bei der Verringerung der Armut, der Krankheitsbekämpfung und dem verstärkten Zugang zu Schulbildung und Infrastruktur in den ärmsten Ländern der Welt, insbesondere in Afrika, gegeben. Die globalen Ziele haben geholfen, eine globale Anstrengung auszulösen.

Wie haben sie das erreicht? Warum sind Ziele wichtig? Niemand hat je ein besseres Argument für zielgestützten Erfolg vorgebracht als vor 50 Jahren John F. Kennedy. In einer der größten Reden der modernen US-Präsidentschaft, im Juni 1963, sagte Kennedy: „Indem wir unser Ziel klarer definieren, es überschaubarer und weniger entfernt erscheinen lassen, können wir allen Menschen helfen, es zu sehen, Hoffnung daraus zu schöpfen und uns ihm unaufhaltsam zu nähern.“

Sich Ziele zu setzen, ist aus vielen Gründen wichtig. Zunächst einmal sind sie unverzichtbar für eine Mobilisierung der Gesellschaft. Die Welt braucht Orientierung, um die Armut zu bekämpfen und dazu beizutragen, eine nachhaltige Entwicklung herbeizuführen, aber es ist in unserer lauten, mannigfaltigen, zerstrittenen, überfüllten, abgelenkten und häufig überforderten Welt sehr schwierig, konsequente Anstrengungen zu unternehmen, um irgendeines unserer gemeinsamen Ziele zu erreichen. Eine globale Zielsetzung hilft Menschen, Organisationen und Regierungen weltweit, sich auf die Richtung zu einigen – also im Wesentlichen, sich auf das zu konzentrieren, was für unsere Zukunft wirklich wichtig ist.

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Eine zweite Funktion von Zielsetzungen besteht darin, einen Gruppendruck herzustellen. Nach Verabschiedung der Millenniumziele wurden führende Politiker weltweit öffentlich und im Privaten zu den Schritten befragt, die sie zur Beendigung der extremen Armut unternahmen.

Eine dritte Art, in der Zielsetzungen von Bedeutung sind, ist, dass sie Wissensgemeinschaften – Kompetenz-, Wissens- und Praxisnetzwerke – veranlassen, sich mit den mit der nachhaltigen Entwicklung verbundenen Herausforderungen zu befassen. Wenn kühne Ziele aufgestellt werden, finden sich derartige Gemeinschaften mit Fachkenntnissen und praktischer Erfahrung zusammen, um praktische Wege zu empfehlen, wie sich Ergebnisse erzielen lassen.

Und schließlich mobilisieren Zielsetzungen Betroffenennetzwerke. Führungspersönlichkeiten innerhalb der örtlichen Gemeinwesen, Politiker, Ministerien, die wissenschaftliche Gemeinschaft, führende NGOs, religiöse Gruppen, internationale Organisationen, Hilfsorganisationen und Stiftungen dazu, zu einem gemeinsamen Zweck zusammenzukommen. Diese Art von Prozess, die viele verschiedene Interessengruppen einbindet, ist unverzichtbar, um die komplexen Herausforderungen nachhaltiger Entwicklung und des Kampfes gegen Armut, Hunger und Krankheit in Angriff zu nehmen.

Kennedy selbst demonstrierte Führungsstärke, indem er vor 50 Jahren auf der Höhe des Kalten Krieges in seinem Bestreben um Frieden mit der Sowjetunion Zielsetzungen formulierte. In einer Reihe von Reden – angefangen mit seiner berühmten Ansprache vor Absolventen der American University in Washington, D.C. – baute Kennedy auf der Grundlage einer Vision und pragmatischer Maßnahmen eine Kampagne für den Frieden auf, bei der ein Abkommen zum Verbot von Atomwaffentests im Mittelpunkt stand.

Nur sieben Wochen nach der Friedensrede unterzeichneten Amerikaner und Russen den Vertrag über das Verbot von Kernwaffenversuchen in der Atmosphäre, im Weltraum und unter Wasser, ein wegweisendes Abkommen zur Entschleunigung des Rüstungswettlaufs des Kalten Krieges, das nur Monate zuvor undenkbar gewesen wäre. Obwohl der Vertrag offenkundig nicht das Ende des Kalten Krieges verbeiführte, erbrachte er den Beweis, dass Verhandlungen und Übereinkommen möglich waren, und bereitete den Boden für künftige Abkommen.

Freilich ist es keine Selbstverständlichkeit, dass man nach der Erklärung eines oder mehrerer Ziele auch großumfängliche Ergebnisse erreicht. Die Formulierung von Zielen ist lediglich der erste Schritt bei der Umsetzung eines Aktionsplans. Eine gut konzipierte politische Strategie, ausreichende Finanzmittel und neue Institutionen zur Beaufsichtigung der Umsetzung müssen auf die Festsetzung der Ziele folgen. Und wenn dann Ergebnisse erzielt werden, müssen diese gemessen werden, und man muss die bestehenden Strategien immer wieder anhand der neuen Erkenntnisse neu durchdenken und anpassen. All dies muss unter dem Druck und mit der Motivation klarer Ziele und Zeitvorgaben geschehen.

Genau wie die Welt mittels der Millenniumziele enorme Fortschritte gemacht hat, können wir einen Weg finden, um die ZNEs umzusetzen. Trotz des Zynismus, der Verwirrung und Blockadepolitik, die die Anstrengungen zur Bekämpfung der Armut, Ungleichheit und Umweltzerstörung umgeben, ist ein Durchbruch möglich. Noch mögen die Großmächte sich unempfänglich zeigen, doch das kann sich ändern. Ideen zählen. Sie können die staatliche Politik sehr viel stärker und schneller beeinflussen, als ihre Gegner sich das vorstellen können.

In seiner letzten Rede vor den Vereinten Nationen im September 1963 beschrieb Kennedy die Friedensbemühungen seiner Zeit, indem er Archimedes zitierte, der, „als er seinen Freunden die Prinzipien der Hebelwirkung erklärte, gesagt haben soll: ‚Gebt mir einen festen Punkt, wo ich stehen kann, und ich hebe euch die Welt aus den Angeln.‘“ Fünfzig Jahre später ist nun unsere Generation gefordert, die Welt in Richtung einer nachhaltigen Entwicklung zu bewegen.

Aus dem Englischen von Jan Doolan

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