Die Federal Reserve in einer Zeit der Tauben

CAMBRIDGE – Die Schlacht um die Nachfolge des aktuellen Präsidenten der US-Notenbank, Ben Bernanke, hat begonnen. Man könnte vermuten, dass der Vorsitz der Fed – das wohl zweitmächtigste offizielle Amt in den Vereinigten Staaten und mit Sicherheit das mächtigste Amt in der globalen Finanzwelt – von einem Konklave von Zentralbankchefs beschlossen würde. Tatsächlich liegt die Entscheidung größtenteils im Ermessen des US-Präsidenten. Vergleichen wir einmal zwei der führenden Kandidaten: Lawrence Summers, ehemaliger US-Finanzminister, und die derzeitige stellvertretende Fed-Präsidentin Janet Yellen.

Sowohl Summers als auch Yellen sind hervorragende Wissenschaftler mit umfassender Erfahrung im öffentlichen Dienst. Während die allgemeine Presse darauf bedacht zu sein scheint, ihre Kandidaturen als Wettstreit zwischen zwei völlig gegensätzlichen Persönlichkeiten darzustellen, sind in Wirklichkeit beide Kandidaten äußerst gut qualifiziert. Zudem stehen beide in dem Ruf, zu glauben, dass die Fed der Preisstabilität im Verhältnis zur Arbeitslosigkeit nicht zu viel Gewicht geben sollte. Normalerweise wäre diese für die „Tauben“ typische Einstellung ein Handicap; heutzutage ist sie ein Vorteil.

Wie wichtig die fachliche Kompetenz in der Geldpolitik ist, wurde wiederholt von den Zentralbanken auf der Welt bewiesen. Nach einer 2003 veröffentlichten Untersuchung der Wirtschaftswissenschaftler Christina Romer und David Romer hängt die Qualität der Geldpolitik entscheidend davon ab, ob die Zentralbankchefs den politischen Entscheidungsprozess und die Inflation genau und in ihren Nuancen verstehen. Die 1920er, 1930er und 1970er Jahre sind voll von Beispielen für Zentralbankchefs, die die Grundlagen nicht verstanden haben und deren Volkswirtschaften den Preis dafür bezahlten.

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