milani3_IRANIAN SUPREME LEADER PRESS OFFICE  HANDOUTAnadolu Agency via Getty Images_irankhamanei Iranian Supreme Leader Press Office Handout/Anadolu Agency via Getty Images

Ein Blick auf den Iran nach Suleimani

STANFORD – Die Ermordung von Qassem Suleimani, dem Kommandeur der iranischen Qods-Brigaden, durch die USA war sicherlich eine bedeutende Eskalation im langjährigen Konflikt zwischen beiden Ländern. Doch sie muss nicht den Dritten Weltkrieg einläuten (wie das einige Kommentatoren bereits vorhersagen). Zudem könnte das iranische Regime, auch wenn die USA durch Tötung Suleimanis womöglich einen kurzfristigen taktischen Vorteil erlangt haben, von den jüngsten Entwicklungen profitieren.

Der Iran hat drastische Schritte unternommen, um den schwerwiegenden regionalen und innenpolitischen Herausforderungen, vor denen das Land derzeit steht, zu begegnen. So sah er sich zum Beispiel einer plötzlichen Aufwallung irakischer nationalistischer Inbrunst über seinem Einfluss im Irak gegenüber. Irans diplomatische Vertretungen wurden niedergebrannt und seine Waren boykottiert. Selbst der im Iran geborene Ayatollah Ali al-Sistani, der höchste schiitische Kleriker des Irak, hat sich gegen eine ausländische (sprich: iranische) Einmischung in irakische Angelegenheiten ausgesprochen.

In dem klaren Bemühen, diese antiiranische Stimmung umzuleiten, legten Suleimanis Verbündete im Iran – insbesondere die Zeitung Kayhan, ein Sprachrohr des Obersten Führers des Iran, Ayatollah Khamenei – im Oktober nahe, dass die Iraker die US-Botschaft in Bagdad besetzen sollten. Der Iran musste den Diskurs im Irak eine andere Richtung geben, indem er die nationalistische Inbrunst gegen die USA lenkte. Und die öffentliche Debatte im Irak hat sich nach dem Drohnenangriff auf Suleimani in der Tat verändert: Viele Iraker fragen sich nun nicht mehr, wann der Iran abziehen wird, sondern wann die USA abziehen werden.

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