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Stille Inflation

NEW HAVEN – In zahlreichen Ländern hat sich die Inflation in den letzten Jahrzehnten auf so niedrigem und stabilen Niveau eingependelt, dass man den Eindruck gewinnen könnte, sie sei überhaupt verschwunden. War die galoppierende Inflation einst das ökonomische Problem Nummer eins, so sprechen die Menschen heute – zumindest in den Industrieländern – kaum jemals über Inflation oder schenken ihr überhaupt Beachtung. Dennoch wirkt sich „stille Inflation” in subtiler Weise auf unsere Beurteilungen aus und sie könnte auch zu einigen folgenschweren Fehlern führen.

Seit die neuseeländische Zentralbank im Jahr 1989 erstmals ein Beispiel setzte, verfolgen Währungsbehörden auf der ganzen Welt zunehmend eine Politik der Festlegung von Inflationszielen (oder Zielbereichen) deutlich über Null. Das heißt, politische Entscheidungsträger planen, dass es Inflation gibt, allerdings handelt es sich um beständige Inflation. Was in vergangenen Tagen als Pfui-Wort galt, wird heute öffentlich angekündigt und mit Maß und Ziel durchgesetzt.

Die Plattform Central Bank News stellt diese Inflationsziele für 68 Länder in tabellarischer Form dar. So strebt die Europäische Zentralbank für 2018 eine jährliche Inflationsrate von „unter, aber nahe 2 Prozent” an. In Kanada, Japan, Südkorea, Schweden, dem Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten beträgt das Inflationsziel für 2018 2 Prozent. China und Mexiko peilen ein jährliches Preiswachstum von 3 Prozent an. In Indien und Russland liegt die Zielinflationsrate bei 4 Prozent, in der Ukraine und Vietnam bei 5 Prozent und in Aserbeidschan und Pakistan bei 6 Prozent.

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