Gravierender Schaden durch Forschung

Medien, Gesetzgeber und andere Organisationen äußern häufig ihre Sorge über Menschenrechtsverletzungen und ethische Verfehlungen in der klinischen Forschung. Derartige Fälle sind Legion. In Brasilien lässt man Testpersonen von 100 Moskitos stechen, die den Malaria-Erreger tragen könnten. Ein französischer Arzt vollführt eine Gesichtstransplantation, ohne dass damit jener wissenschaftlicher Nutzen verbunden wäre, den eine solche höchst riskante Prozedur normalerweise mit sich bringt. Eine 18-jährige Versuchsperson stirbt während einer Gentherapie-Studie. Im Nachhinein werden zahlreiche Fehler in der klinischen Studie zutage gefördert.

Vor ein paar Monaten, als im Zuge einer klinischen Studie in London ein Medikament erstmals an Menschen getestet werden sollte, erkrankten sechs vorher gesunde Testpersonen schwer. Zwei der freiwilligen Studienteilnehmer entgingen nur knapp dem Tod. Alle Probanden erhielten für ihre Teilnahme an der Studie mehrere Tausend Dollar.

Die Allgemeinheit weiß von klinischen Studien, dennoch herrscht ein geringes Bewusstsein darüber, dass die Zahl der Versuchspersonen in der Forschung weit höher ist als die tatsächliche Anzahl der Probanden in klinischen Studien. Manchmal tauchen zwar Meldungen über forschungsbedingte Todesfälle in den Medien auf, aber die wahren Zahlen für Todesfälle in der Forschung insgesamt liegen höher. Da es an einem angemessenen Berichtswesen fehlt, haben selbst Vertreter von Regulierungsbehörden und Fachleute keine Vorstellung vom tatsächlichen Ausmaß an Todesfällen und unerwünschten Nebenwirkungen.

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