Die Auswahl unserer Kinder

MELBOURNE: Im April diesen Jahres hat der Bundestag Beschränkungen für den Einsatz genetischer Diagnosen verabschiedet. Ist das neue deutsche Gesetz ein Modell, dem andere Länder folgen können – in einer Zeit, in der wir uns mit den durch unsere wachsenden Kenntnisse der menschlichen Genetik aufgeworfenen Problemen auseinandersetzen müssen?

Einige Bestimmungen des Gesetzes beruhen auf allgemein anerkannten ethischen Grundsätzen zur Autonomie des Individuums und des Datenschutzes. So darf niemand ohne seine Zustimmung getestet werden. Weder Arbeitgeber noch Versicherungsunternehmen dürfen genetische Tests verlangen. Der Einzelne hat sowohl das Recht, Bescheid zu wissen – d.h., über die Ergebnisse genetischer Tests an sich selbst informiert zu werden – wie auch das Recht, sein Leben in Unkenntnis darüber zu leben, was ein genetischer Test über die eigene Zukunft vorhersagt. Jemanden aufgrund seiner genetischen Merkmale zu diskriminieren oder zu stigmatisieren, ist verboten.

So wünschenswert diese Bestimmungen erscheinen mögen: Die deutschen Unternehmen könnten dafür einen hohen Preis zahlen. Wenn Versicherungsunternehmen außerhalb Deutschlands genetische Tests verlangen dürfen, während dies deutschen Gesellschaften untersagt wird, werden Menschen, die wissen, dass sie lebensverkürzende genetische Diagnosen haben, ihre Lebensversicherungen bei deutschen Versicherungsgesellschaften abschließen. Diese Gesellschaften werden dann mehr Auszahlungen aufgrund vorzeitigen Ablebens leisten müssen als ihre Wettbewerber. Um die gestiegenen Kosten abzudecken, werden sie die Prämien erhöhen müssen und dadurch weniger wettbewerbsfähig werden.

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