Girl student Nepal classroom education Jim Holmes/AusAID/Flickr

Die Wichtigkeit weiterführender Schulausbildung

DHAKA – Bei der Versorgung von Kindern mit einer Grundschulausbildung wurden weltweit erhebliche Fortschritte gemacht. In den 1960ern besuchten in den Entwicklungsländern noch weniger als die Hälfte von ihnen eine Grundschule. Heute sind es mehr als 90%. In vielen Regionen ist unter den Grundschulanmeldungen ein höherer Anteil von Mädchen als von Jungen. Sicherlich besuchen in Ländern wie Nigeria oder Pakistan immer noch zu viele Kinder keine Schule, aber das größte Problem besteht darin, was geschieht, wenn die Grundschuljahre vorbei sind.

Ohne die Möglichkeit einer weiterführenden Schulausbildung haben Kinder wenig Chancen zur Verbesserung ihres Lebenserwerbs, und damit könnte der Fortschritt der Welt in diesem Bereich auf dem Spiel stehen. Im September stellte die ehemalige US-Außenministerin Hillary Rodham Clinton bei der Clinton Global Initiative fest, dass „mangelnde weiterführende Schulausbildung die Hoffnungen vieler Mädchen und ihrer Familien zerstört. Weltweit werden dadurch Wohlstand und Stabilität unterminiert."

Clinton kündigte eine große Initiative gemeinsam mit über 30 Organisationen an, darunter die MasterCard Foundation, Intel und Microsoft. Diese Gruppe hat für die nächsten fünf Jahre über 600 Millionen Dollar zugesagt, um 14 Millionen Mädchen den „Besuch und den Abschluss von Grundschulen und weiterführenden Schulen zu ermöglichen“. Dies ist eine kluge Investition. Zusätzlich zu den offensichtlichen Vorteilen einer guten Ausbildung ist eine verstärkte Teilnahme an weiterführenden Schulen nützlich für alle Ebenen der Gesellschaft.

Längere Ausbildung für Mädchen führt beispielsweise zu weniger Kinderheirat. In den Entwicklungsländern wird ein Siebtel der Mädchen bis zum Alter von 15 Jahren verheiratet, und fast die Hälfte bekommt bis zum Alter von 18 Jahren Kinder. Mädchen mit weiterführender Schulausbildung dagegen haben eine viel geringere Wahrscheinlichkeit, vor dem Erwachsenenalter zu heiraten und Kinder zu gebären.

Mädchen eine solche Ausbildung zu ermöglichen reduziert auch die Größe der Familien, und wenn sie Mütter werden, verbessert dies die Gesundheit und Überlebenschance ihrer Kinder. Laut einer Studie haben die Frauen in Ländern, wo jedes fünfte Mädchen eine weiterführende Schulausbildung genießt, durchschnittlich über fünf Kinder. Wo die Hälfte der Mädchen weiterführende Schulen besucht, betrug der Durchschnitt nur drei Kinder, und die Säuglings- und Kindersterblichkeit war viel geringer.

Der Zugang zu weiterführenden Schulen kann auch die Zahl der Grundschulanmeldungen erhöhen. Damit sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass Eltern ihre Kinder zum Arbeiten zu Hause lassen, was bei Mädchen oft der Fall ist. Wenn Kinder nach der Grundschule keine andere Möglichkeit haben, als auf den Bauernhof zurückzukehren, gibt es wenig Gründe, sie überhaupt zur Schule zu schicken.

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Eine weiterführende Schulausbildung muss kein Vermögen kosten. Arme Länder können ihre Ausbildungsmöglichkeiten schnell und viel günstiger erweitern, als allgemein angenommen wird. Die meisten Grundschulen werden nur einen kleinen Teil der Zeit für Ausbildungszwecke genutzt. Durch leichte Anpassungen könnten sie für einen Teil des Tages in weiterführende Schulen umgewandelt werden und damit eine entsprechende Ausbildung näher zu den Wohnorten der Kinder bringen.

Für Mädchen hätte weiterführende Schulausbildung näher an ihrem Wohnort außerdem den Vorteil eines geringeren Gewalt- und Vergewaltigungsrisikos. Jedes Jahr werden etwa 60 Millionen Mädchen auf dem Schulweg sexuell belästigt. Dieses Hindernis für den Schulbesuch könnte durch bekanntere und besser gelegene Schulen verringert werden.

Auch Polizeireviere, Postämter oder andere bestehende öffentliche Einrichtungen könnten mit geringen Anpassungen zumindest für Teile des Tages Platz für weiterführenden Schulunterricht bieten. Schnell und günstig gebaute modulare Klassenräume könnten vor Ort Arbeitsplätze schaffen und die bestehenden Unterrichtsmöglichkeiten ergänzen.

Erfolgreiche US-amerikanische Programme wie „Teach for America“ oder „Teach for All“ könnten als Modell für die Einstellung der Lehrer dienen, die für neue weiterführende Schulen benötigt werden. Die Lebenserwartung steigt, aber oft gehen die Menschen weiterhin schon in ihren späten 50ern in Rente, also könnten Pensionäre dazu ermutigt werden, Lehrer zu werden.

Für das Wachstum und die Reife der Schüler werden Lehrer immer von entscheidender Bedeutung sein, aber trotzdem könnte die weiterführende Schulausbildung durch neue digitale Technologien verbessert werden. Vielversprechende Online-Ressourcen wie die Khan Academy können zu umfassenden und günstigen Ausbildungsergebnissen beitragen.

Die Welt steht vor einem Wendepunkt. Amerikanische Unternehmen spenden jährlich etwa sieben Milliarden US-Dollar für die weltweite Gesundheit, aber nur 500 Millionen für die Ausbildung in Entwicklungsländern. Dabei sind dort junge Menschen der am stärksten wachsende Bevölkerungsteil. Ohne Ausbildung könnten sie im Laufe der Alterung ihrer Gesellschaften zu einer noch nie dagewesenen Bürde werden. Aber wenn sie in den Genuss einer weiterführenden Schulausbildung kommen, können sie ihre – und unsere – Zukunft zum Besseren wenden.

Aus dem Englischen von Harald Eckhoff

https://prosyn.org/OMh7mMMde