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Russlands neue Ideokratie

MOSKAU – „Putinismus” ist seit langem ein heißes Thema im Westen, wo der Begriff - der die Politik und Praxis des russischen Präsidenten Wladimir Putin beschreibt - allgemein auf eine Kombination aus Angst und Missbilligung trifft. Aber unter Russlands herrschender Elite wird der Putinismus als eine komplexe und attraktive Ideologie angesehen - eine, die ihren Namensgeber überdauern könnte.

Putins gleichnamige Ideologie ist weniger die Idee des Präsidenten selbst als die seines engen Adjutanten Vladislav Surkov. Als Chefideologe des Kremls ist Surkov so etwas wie eine moderne Inkarnation von Lazar Kaganovich, einem der engsten Mitarbeiter von Joseph Stalin. der sich dafür einsetzte, den Leninismus durch den „fortschrittlicheren” Stalinismus als ideologischen Grundstein der Sowjetunion zu ersetzen.

Surkov beschrieb den Putinismus kürzlich als „funktionierende Ideologie des Alltags mit all ihren sozialen Innovationen und produktiven Widersprüchen”. Seiner Ansicht nach brauchen die Russen keine Demokratie im westlichen Stil, denn Putin habe ein System aufgebaut, das die Menschen - ihre Bedürfnisse, Wünsche und Zwecke - besser verstehe als sie sich selbst.

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