Russland und der Westen nach dem Irakkrieg

Die von den USA angeführte Invasion im Irak stellte die Wirksamkeit des heutigen internationalen Systems in Frage. Obwohl die Vereinigten Staaten im Irak wahrscheinlich nicht alle ihre Ziele erreichen werden, so haben sie durch den Krieg ihre globale Vormachtstellung bestätigt und ausgebaut. Wie soll nun Russland darauf reagieren? Wo liegen seine Interessen und welche Politik soll verfolgt werden? Vor allem, wo soll sich Russland angesichts der beginnenden Rivalität zwischen Europa und den USA selbst positionieren?

Durch die Krise im Irak traten tiefgreifende Unterschiede zwischen den USA und Westeuropa in Fragen der politischen Kultur, der Ethik, der Ansätze in der internationalen Politik und der Rolle militärischer Macht zu Tage. Diese Unterschiede werden die auf gemeinsamen Werten und Interessen basierenden Grundfesten der transatlantischen Allianz nicht zerstören, aber der Aspekt des Wettbewerbes wird zwangsläufig stärker in den Vordergrund treten, auch der des Wettbewerbes um Russland.

Der Krieg im Irak hat aber auch den kritischen Zustand der Außen- und Verteidigungspolitik der Europäischen Union offenkundig werden lassen. Versuche, eine einheitliche Stimme Europas zu etablieren, schlugen offensichtlich fehl. Angesichts der zu erwartenden noch größeren Differenzen nach der EU-Erweiterung, darf man sich auch in Zukunft nicht allzu viel erwarten. Außerdem wird Washington angesichts der Verhärtung der Fronten danach trachten, Bemühungen um eine einheitliche Außen- und Verteidigungspolitik in der EU zu vereiteln. Ohne eine solche gemeinsame Politik wird die EU aber in absehbarer Zukunft in der weltpolitischen Unterliga bleiben.

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