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Schwindet Wladimir Putins Kontrolle?

MOSKAU – Im Jahr 1984, kurz vor Michail Gorbatschows Aufstieg an die Macht, herrschte in Moskau das Gefühl, die Sowjetunion sei versteinert und Veränderung unmöglich. Dann veränderte sich alles und das Ausmaß der Transformation, die sich unter der Oberfläche abgespielt hatte, kam zutage. Heute ist Moskau von einer ähnlichen Stimmung erfüllt. Wladimir Putins Regime erscheint stabil, sogar unverwundbar. Aber ebenso wie damals zeigen sich bei näherer Betrachtung etliche Schwachstellen.

Russland hat sich in den letzten Jahrzehnten in vielerlei Hinsicht rückläufig entwickelt. In den 1990er Jahren präsentierte sich Russland als ungezwungenes Land, wo praktisch alles erlaubt war. In Moskau erschienen 20 Tageszeitungen verschiedenster Ausrichtungen, von liberal bis stalinistisch. Heute wird die russische Zivilgesellschaft konsequent unterdrückt und Fernsehen in Moskau bedeutet, die Wahl zwischen 20 vom Kreml kontrollierten Kanälen zu haben. 

Im Jahr 1991 zerschlug Boris Jelzin, als eine seiner ersten Amtshandlungen als Präsident, den alten KGB in mehrere Behörden, reduzierte die Mitarbeiterzahl um die Hälfte und kürzte das Budget drastisch. Heute hat der Nachfolger des KGB, der Föderale Dienst für Sicherheit der Russischen Föderation (FSB) die totale Kontrolle über den russischen Sicherheitsapparat erlangt, unter anderem durch die Inhaftierung hochrangiger Generäle anderer Strafverfolgungsbehörden. Das Ergebnis ist ein einziger Sicherheitsdienst, der mächtiger ist als je eine derartige Behörde seit Stalin – und der als unabhängig vom Kreml betrachtet wird.

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