Group sitting at cafe overlooking the White House

Die neuen Feinde des öffentlichen Raums

NEW YORK – Vor den Terroranschlägen in Paris im November war es gesetzlich zulässig, auf einem öffentlichen Platz der Stadt eine Demonstration abzuhalten. Jetzt nicht mehr. In Uganda waren Bürger, die sich gegen Korruption oder für Schwulenrechte einsetzten, häufig öffentlichen Anfeindungen ausgesetzt, aber es drohte ihnen kein Gefängnis, wenn sie demonstrierten. Doch jetzt tut es das dank eines erschreckend vage formulierten neuen Gesetzes. In Ägypten führten die Behörden vor kurzem Razzien in einigen bekannten kulturellen Einrichtungen – einer Kunstgalerie, einem Theater und einem Verlag, wo sich früher Künstler und Aktivisten trafen – durch und schlossen diese.

Weltweit, so scheint es, wachsen zunehmend Mauern um die Räume, die Menschen brauchen, um sich zu versammeln, zu vereinen, frei zu äußern und ihrer Opposition Ausdruck zu verleihen. Auch wenn Internet und Kommunikationstechnologie es technisch einfacher machen denn je, sich öffentlich zu Wort zu melden, gewährleistet die allgegenwärtige Überwachung durch Staat und Wirtschaftsunternehmen, dass freie Meinungsäußerung, Vereinigung und Protest eingeschränkt bleiben. Kurz gesagt: Sich öffentlich zu äußern hat noch nie so viel Mut erfordert wie heute.

Ich selbst könnte von dieser Veränderung nicht unmittelbarer betroffen sein. Im November wurden die Open Society Foundations (die von mir geleiteten globalen philanthropischen Stiftungen von George Soros) als zweite Organisation in Russland auf eine schwarze Liste gesetzt. Grundlage war ein im Mai verabschiedetes Gesetz, das dem russischen Generalstaatsanwalt erlaubt, ausländische Organisationen zu verbieten und ihre finanzielle Unterstützung lokaler Aktivisten zu stoppen. Weil jeder, der mit uns zu tun hat, Gefahr läuft, verhaftet und eingesperrt zu werden, hatten wir keine andere Wahl, als unsere Beziehungen zu Dutzenden russischer Bürger abzubrechen, die wir bei ihren Bemühungen unterstützt hatten, wenigstens einen Bruchteil von Demokratie in ihrem Lande zu bewahren.

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