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Wie Populisten gewinnen, wenn sie verlieren

WIEN – Heute scheint es so, dass jede Wahl in Europa auf eine einzige zentrale Frage reduziert werden kann: „Werden die Populisten gewinnen oder verlieren?“ Noch vor der niederländischen Wahl im März schien die Welle des Populismus – oder der „Tsunami“, wie sich Nigel Farage, der ehemalige Parteichef der britischen Unabhängigkeitspartei, ausdrückte – kaum aufzuhalten. Jetzt allerdings hat sich die Welle plötzlich abgeschwächt: Nach Emmanuel Macrons großen Siegen bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in Frankreich leben wir nun angeblich in einem „postpopulistischen Moment“.

Leider spiegelt diese Ansicht über den Aufstieg und Fall des Populismus das wider, was ihm oft selbst vorgeworfen wird: eine zu starke Vereinfachung. Das Bild einer nicht aufzuhaltenden Welle setzt voraus, dass man den britischen Brexit und die Wahl von Donald Trump als Siege der Populisten interpretiert, anstatt als Erfolg der etablierten Konservativen.

Natürlich sind Farage und Trump Populisten, aber nicht deshalb, weil sie die Elite kritisieren. Immerhin kann die Wachsamkeit gegenüber der Elite auch ein Zeichen eines demokratischen Engagements sein. Was die Populisten wirklich von anderen unterscheidet, ist ihre Behauptung, sie allein würden die „echten Menschen“ oder „die schweigende Mehrheit“ repräsentieren. Für Populisten geht es bei einer Wahl nie nur um unterschiedliche politische Ansichten, sondern auch um die persönliche Korruption, Unmoral und Illegitimität der anderen Kandidaten.

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