acemoglu49_Drew AngererGetty Images_capitol partisan divide Drew Angerer/Getty Images

Die Vorteile der Polarisierung?

CAMBRIDGE – Obwohl es in der Politik keine in Stein gemeißelten Gesetze gibt, zeigen sich in den Vereinigten Staaten zwei Tendenzen - der Stimmungsumschwung gegen die regierende Partei bei den Zwischenwahlen (der „Midterm-Blues“) und die negativen Auswirkungen von Inflation und Arbeitslosigkeit auf die Wahlen („politische Konjunkturzyklen”) – die der Sache doch ziemlich nahekommen. US-Präsident Joe Biden (dessen Zustimmungswerte im letzten Jahr sanken) und die Demokraten sollten sich nicht wundern, wenn sie bei den diesjährigen Zwischenwahlen eine massive Schlappe erleiden.

Andere lang akzeptierte politische Gewissheiten wurden jedoch über Bord geworfen. Nach dem Zweiten Weltkrieg ging man jahrzehntelang davon aus, dass der Zweiparteienwettbewerb innerhalb eines Mehrheitswahlsystems mäßigende Wirkung entfaltet. Das berühmte, ursprünglich von dem Ökonomen Duncan Black und später von dem Politikwissenschaftler Anthony Downs  aufgestellte „Medianwählertheorem” besagt, dass eine Partei, die sich zu weit von der politischen Mitte entfernt, bei den Wahlen dafür büßen würde.

Man stelle sich vor, die US-Wählerschaft hätte unterschiedliche Ansichten über die angemessene Höhe eines bundesweiten Mindestlohns. Einige auf der rechten Seite sind der Meinung, dass es überhaupt keinen bundesweiten Mindestlohn geben sollte, wohingegen manche Linke der Auffassung sind, dieser müsste mindestens 18 Dollar pro Stunde betragen. Nehmen wir nun an, dass der „Medianwert“ dieser Wählerverteilung auf einen bevorzugten Mindestlohn von 12 Dollar pro Stunde verweist (also auf jenen Satz, über und unter dem jeweils die Hälfte der Wählerschaft angesiedelt ist).

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