Merkel and Tsipras in Berlin 12.2016 Pacific Press

Die Krise in Griechenland geht weiter

ATHEN – Seit Sommer 2015 taucht Griechenland kaum noch in den Nachrichten auf, aber die wirtschaftliche Lage dort hat sich keineswegs stabilisiert. Wenn die Insassen eines Gefängnisses still vor sich hin leiden, wird darüber nicht berichtet. Erst wenn sie meutern und die Wärter hart durchgreifen, rollen die Übertragungswagen an.

Die letzte Meuterei gab es in der ersten Hälfte des Jahres 2015, als die griechischen Wähler sich weigerten, auf den bereits vorhandenen Berg unhaltbarer Schulden immer noch weitere Kredite zu packen – was einen griechischen Staatsbankrott, statt ihn zu überwinden, nur in die Zukunft verschoben hätte. Daraufhin haben die Europäische Union und der Internationale Währungsfonds – die ihren Ansatz des „Verlängerns und Vortäuschens“ gefährdet sahen – den „griechischen Frühling“ erstickt und dem bankrotten Land einen weiteren Kredit aufgebürdet, den es nicht zurückzahlen kann. Also war es nur eine Frage der Zeit, bis das Problem wieder an die Oberfläche kam.

In der Zwischenzeit richtete Europa seine Aufmerksamkeit auf den Brexit, den fremdenfeindlichen Rechtspopulismus in Österreich und Deutschland sowie das italienische Verfassungsreferendum, das die Regierung von Matteo Renzi zu Fall brachte. Und bald wird sich das Augenmerk erneut verlagern, diesmal auf die bröckelnde politische Mitte Frankreichs. Aber wir sollten nicht vergessen, dass der unsinnige Umgang mit der europäischen Schuldenkrise in Griechenland begann. Ein kleines, für den europäischen Gesamtkontext unbedeutendes Land wurde zum Versuchskaninchen für eine Strategie, die man nur damit vergleichen kann, einen Schneeball einen Berg hinauf zu rollen. Seitdem gab es immer wieder Lawinen, die die europäische Glaubwürdigkeit beschädigten.

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