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Die Beendigung des Zermürbungskrieges in der Ukraine

NEW YORK – Oftmals brechen Kriege aus und dauern an, weil sich beide Seiten hinsichtlich ihrer relativen Macht falsch einschätzen. Im Falle der Ukraine unterlief Russland der schwere Fehler, die Entschlossenheit der Ukrainer zum Kampf und die Wirksamkeit der von der Nato zur Verfügung gestellten Waffen unterschätzt zu haben. Doch auch die Ukraine und die Nato überschätzen ihre Fähigkeiten, Russland auf dem Schlachtfeld besiegen zu können. Das Folge ist ein Zermürbungskrieg, von dem jede Seite glaubt, dass sie ihn gewinnen wird, den aber beide Seiten verlieren werden. Die Ukraine sollte sich wieder stärker um einen Verhandlungsfrieden bemühen, wie er Ende März auf dem Tisch lag, der aber nach dem Auftauchen von Beweisen für die russischen Gräueltaten in Butscha – und vielleicht aufgrund der veränderten Wahrnehmung ihrer militärischen Perspektiven – fallengelassen wurde.

In den Friedensbedingungen, die Ende März zur Diskussion standen, wurde die Neutralität der Ukraine, unterstützt durch Sicherheitsgarantien und einen Zeitplan für die Lösung strittiger Fragen wie den Status der Krim und des Donbass gefordert. Ebenso wie die türkischen Vermittler erklärten russische und ukrainische Unterhändler damals, dass Fortschritte in den Verhandlungen zu verzeichnen waren. Nach den Berichten aus Butscha brachen die Verhandlungen ab, und der ukrainische Verhandlungsführer erklärte dazu: „Die ukrainische Gesellschaft steht jedem Verhandlungskonzept, das die Russische Föderation betrifft, nun sehr viel negativer gegenüber.”

Dennoch bleibt das Argument für Verhandlungen dringlich und zwingend. Die Alternative ist nicht der Sieg der Ukraine, sondern ein verheerender Zermürbungskrieg. Um eine Einigung zu erzielen, müssen beide Seiten ihre Erwartungen neu ausrichten.

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