Obamas Vision für Asien

NEW YORK – Nun, da Barack Obama mit seiner Wahl zum Präsidenten der Vereinigten Staaten Geschichte geschrieben hat, hoffen die Menschen in der ganzen Asien-Pazifik-Region inständig, dass er sich Asien in einer Weise zuwendet, wie er dies im Wahlkampf nicht getan hat. Jedes Mal, wenn ich in den letzten Monaten ein asiatisches Land besuchte – ob Südkorea, Indien, China oder Japan – wurde ich wiederholt zu den Positionen des Kandidaten Obama zu drei Themen befragt: Handel, Außenpolitik und geo-ökonomische Ordnung. Wir alle hoffen nun, dass der designierte Präsident Obama die Antworten dazu liefern wird und das nicht nur in Worten, sondern auch in Taten.

Politikexperten und interessierte Asiaten sagen oft, dass man in Asien aufatmet, wenn in Amerika die Republikaner an der Macht sind. Die vorherrschende Meinung ist, dass die Republikaner den freien Handel unterstützen und den Protektionismus ablehnen. Diesmal haben sie vom designierten Präsidenten, einem Demokraten, noch nicht viel im Hinblick auf den Handel mit Asien gehört. Und was sie über seine Meinung zum Nordamerikanischen Freihandelsabkommen gehört haben – dass er nämlich den Handelsvertrag unilateral überarbeiten will – gibt nicht gerade Anlass für Hoffnung.

Gleichzeitig haben Länder wie Indien das Gefühl, dass die USA und auch Europa zwar beide Aspekte des „freien“ und „fairen“ Handels unterstützen – aber immer aus einer verengten nationalistischen Perspektive. Wenn es den USA mit dem „fairen“ Handel wirklich ernst ist, so sagt man, dann wird sich die neue Administration beispielsweise um die unfairen Subventionen in der Landwirtschaft kümmern müssen, die zum Abbruch der Doha-Runde der Welthandelsgespräche führten. Am wichtigsten ist allerdings, dass eine Handelspolitik formuliert wird, die sowohl frei als auch fair ist (und zwar nicht nur für amerikanische, sondern auch für asiatische Arbeitnehmer) und die den Asiaten das Gefühl gibt, dass sich Obama ihrer Bedürfnisse bewusst ist.

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