Die Zeit für Wachstumswunder ist vorbei

CAMBRIDGE – Vor einem Jahr waren Wirtschaftsanalysten ganz aus dem Häuschen vor Optimismus angesichts der Wachstumsperspektiven in den Entwicklungsländern. Im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten und Europa, wo bestenfalls schwaches Wachstum in Sicht war, wurde von den Schwellenländern erwartet, dass sie ihre starke Entwicklung im Jahrzehnt vor der globalen Finanzkrise fortsetzen und so zum Motor der Weltwirtschaft würden.

So gelangten etwa Ökonomen der US-Großbank Citigroup zu dem kühnen Schluss, dass die Umstände für breites, nachhaltiges Wachstum auf aller Welt nie förderlicher gewesen seien und prognostizierten rasch steigende globale Produktionszuwächse bis zum Jahr 2050, angeführt von Entwicklungsländern in Asien und Afrika. Das Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen PwC prognostizierte für China, Indien und Nigeria ein Wachstum des BIP pro Kopf von über 4,5% bis weit in die Mitte des Jahrhunderts. Die Unternehmensberatung McKinsey & Company bezeichnete Afrika, das lange als Synonym für ökonomischen Misserfolg gegolten hatte, als Land der „aufbrechenden Löwen“.  

Heute werden derartige Äußerungen von Sorgen über eine Entwicklung überlagert, die The Economist als „the great slowdown“ bezeichnet: die große Abkühlung. Aktuelle Wirtschaftsdaten aus China, Indien, Brasilien und der Türkei deuten in diesen Ländern auf das schwächste Wachstum seit Jahren hin. Der Optimismus ist Zweifeln gewichen.

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