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Dürfen Journalisten Aktivisten sein?

PRINCETON – Sollten Journalisten sagen und schreiben, was sie denken? Nach den jüngsten Kontroversen sind die alten Fragen über das Berufsethos und die politische Rolle von Journalisten in der Demokratie dringlicher geworden.

Durch ein aktuelles Verleumdungsverfahren wurde klar, wie – und wie oft – die Moderatoren von Fox Newsihre Zuschauer mit der Behauptung belogen haben, die US-Präsidentschaftswahl von 2020 sei „gestohlen“ worden. Die BBC hat den ehemaligen Fußballprofi Gary Lineker für Tweets suspendiert, in denen er die Flüchtlingspolitik der britischen Regierung kritisiert hatte – angeblich entgegen der traditionellen Verpflichtung des Senders zur Unparteilichkeit. Und überall diskutieren Journalisten darüber, ob sie, wenn sie politische Positionen vertreten, eine gefährliche Linie hin zum „Aktivismus“ überschreiten.

Aber die konventionelle Unterscheidung zwischen „Journalist“ und „Aktivist“ macht keinen Sinn, weil die Rolle von Journalisten nie passiv war. Wer in einer Zeit, in der Autokraten ihre Macht konsolidieren, indem sie „die Medien“ angreifen (oder kritische Berichterstattung als „Falschnachrichten“ abtun), dieses Verhalten nicht anprangert, toleriert letztlich den zunehmenden Autoritarismus. Wenn Journalisten dazu schweigen, ist dies keineswegs neutral.

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