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Die geheime Zutat des Multilateralismus

PRINCETON – Wenn uns die Fehlzündung des Klimagipfels von Glasgow letzten Monat etwas gezeigt hat, dann dass Multilateralismus nur selten klappt. Das ist nichts Neues. Viele der größten internationalen Pow-Wows der Geschichte sind gescheitert, nicht zuletzt die Pariser Friedenskonferenz 1919, die Londoner Wirtschaftskonferenz von 1933 und so ziemlich jedes G7- oder G20-Treffen. Wichtige Erfolge wie die Konferenz von Bretton Woods 1944 und der G20-Gipfel im April 2009 in London waren Ausnahmen, die diese Regel bestätigen.

Bietet das letztgenannte Treffen inmitten der weltweiten Wirtschaftskrise, die vom Zusammenbruch der Bank Lehman Brothers im September des Vorjahres ausgelösten worden war, eine Blaupause für bessere internationale Gipfel? Eine erste Lehre lautet, dass die Teilnehmer ihre Ziele sehr genau definieren müssen, unabhängig davon, welche Krise genau gelöst werden soll. Ohne eine klare Vision – oder zumindest eine grundlegende Einigung auf das Ziel – ist ein Scheitern vorprogrammiert. Auf die Frage, warum es der Weltgemeinschaft nicht gelungen war, Lösungen für die Weltwirtschaftskrise zu finden, kam John Maynard Keynes zu dem Ergebnis nur „eine einzelne Macht oder eine gleichgesinnte Gruppe von Mächten“ könne einen funktionierender Plan entwickeln.

Auch gegenseitige Schuldzuweisungen führen meist nirgendwo hin. Heute lässt sich bei ziemlich jedem globale Problem darüber streiten, wer letztlich verantwortlich ist. Nehmen wir das Thema Flucht. Die Europäische Union beschuldigt Belarus und Russland, Geflüchtete aus dem Nahen Osten an ihre Grenzen zu schleusen, wogegen Russland argumentiert, die Briten und Amerikaner hätten den Nahen Osten im Jahr 2003 doch erst destabilisiert (oder war es 1991 oder auch 1919?). Dasselbe Spiel funktioniert bei COVID-19. Wenn das Virus aus China kommt, sollte dann nicht auch China dafür zahlen? Die Trump-Regierung fand das einleuchtend und erhob diese Forderung sogar in internationalen Foren.

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