Ägypten – die Entstehung eines Monsters

BRÜSSEL – Am 15. Dezember wird Ägyptens Verfassungsentwurf in einem Volksentscheid zur Abstimmung gestellt. Vor einem Jahr waren die Ägypter entzückt, als sie erfuhren, dass die Verfassung ihres Landes endlich ihre demokratischen Hoffnungen und Bestrebungen widerspiegeln würde. Doch das Dokument, über das sie nun abstimmen, wird diese Hoffnungen eher zunichte machen und die Aussichten der Ägypter auf Demokratie schmälern.

Die Erstellung des Verfassungsentwurfs war überstürzt und verlief ohne die Beteiligung von Liberalen, Nichtmuslimen und Frauen, die das Verfahren allesamt wegen der Überzahl der Islamisten boykottierten. Die Muslimbruderschaft, und vor allem Präsident Mohammed Mursi, baut darauf, dass die große Stimmenmehrheit der ägyptischen Islamisten ihm genug Unterstützung unter den „normalen Ägyptern“ sichern wird und dass die Opposition wenig Einfluss auf den Ausgang des Volksentscheids haben wird.

Ein politischer Berater der regierenden Freiheits- und Gerechtigkeitspartei – die den politischen Flügel der Muslimbruderschaft darstellt – prahlte sogar, dass die Brüder leicht 20 Millionen Anhänger mobilisieren könnten. Die Muslimbrüder betrachten die Demonstranten, die in den letzten drei Wochen auf den Straßen protestiert haben, kurzerhand als Mubarak-Sympathisanten.

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