gerges8_MOHAMMED HUWAISAFP via Getty Images_yemenwar Mohammed Huwais/AFP via Getty Images

Morgenrot im Nahen Osten?

LONDON – Was bedeutet die aktuelle Neuordnung der Beziehungen und Allianzen im Nahen Osten? Zwischen erbitterten Feinden erblüht die Diplomatie, zwischen engen Freunden entstehen Risse. Regionalmächte wie Saudi-Arabien, Iran, Türkei und Ägypten rekalibrieren ihre Außenpolitik und reparieren ihre Beziehungen zu entfremdeten Nachbarn. Die USA und Russland stehen sich in der Region wieder als Rivalen gegenüber und mit China ist ein neuer Spieler auf den Plan getreten.

Diese geopolitischen Verschiebungen könnten den Nahe Osten zur Bühne eines erbitterten globalen Wettstreits machen. Sie könnten aber genauso gut auch regionale Rivalitäten entschärfen und Länder zusammenbringen, die traditionelle nur durch Hass verbunden sind. Viel wird von den wichtigsten Faktoren hinter der Neuausrichtung abhängen: Amerikas teilweiser Rückzug, der Aufstieg Chinas und die negativen Folgen der COVID-19-Pandemie auf die sowieso schon schwachen Volkswirtschaften der Region.

US-Präsident Joe Biden hat klar gemacht, dass der Nahe Osten für seine Regierung keine außenpolitische Priorität mehr ist. Während der frühere Präsident Donald Trump auf eine gegen den Iran gerichteten Koalition unter Führung von Saudi-Arabien und Israel setzte, versucht Biden, sich von Saudi-Arabien zu distanzieren, unter anderem indem er dem Land die US-Unterstützung für den Krieg im Jemen entzieht. Seine Regierung versucht, das Atomabkommen mit dem Iran von 2015, aus dem Trump die USA 2018 zurückgezogen hatte, auf diplomatischem Wege wiederzubeleben, und hält mit der Türkei und Ägypten zwei von Trumps Lieblingspartnern auf Distanz.

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