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Wie sich das Bildungsdefizit des Nahen Ostens schließen lässt

NILDELTA – Etwa 100 km nördlich vom Kairoer Tahrir-Platz – dem Epizentrum des ägyptischen Aufstandes von 2011 – steht eine weiterführende Schule, die von ihren Schülern „das Gefängnis“ genannt wird. Die Schule ist ein missgestalter Betonklotz voll maroder Klassenräume, der überall Zeichen von Alter und Verwahrlosung trägt. Ein Lehrer in dem verschlafenen Dorf im Nildelta witzelt morbide, das Gebäude diene nebenbei zugleich als Leichenschauhaus. „Eine Revolution haben wir hier nie gesehen“, so sagte er vor ein paar Monaten, aus Angst vor dem Verlust seiner Arbeit ohne Angabe seines Namens. „Ein großer Teil der Hoffnung, die wir hatten, ist jetzt tot … ermordet.“

Die Misere an Ägyptens staatlichen Schulen ist ein wichtiger Hinweis darauf, wie die Revolution im Lande die Menschen enttäuscht hat. Außenstehende Beobachter sahen die öffentliche Rebellion gegen Hosni Mubaraks Regime als Kampf für die Demokratie und gegen die Diktatur; die Generäle, die Ägypten jetzt einmal mehr regieren, stellen sie als Kampf für den Säkularismus dar, der vom radikalen Islam gekapert worden sei. In Wahrheit war sie eine Revolte, bei der es um menschliche Würde und ein besseres Leben für die Normalbürger ging.

Ohne Bildung ist diese Hoffnung ein tot geborenes Kind – nicht nur in Ägypten, sondern im ganzen Mittleren Osten. Laut den Vereinten Nationen berauben die anhaltenden Konflikte im Mittleren Osten und in Nordafrika mehr als 13 Millionen Kinder einer Bildung. Doch nicht nur im kriegsverheerten Syrien und Jemen wird die Jugend systematisch vernachlässigt; auch in relativ stabilen Ländern wie Ägypten und Jordanien sind die Defizite enorm.

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