Die Falle der Menschenrechtsverträge

In ihrem Bemühen den Krieg gegen Terrorismus Saddam Hussein vor die Haustüre zu legen, hat die Bush Regierung immer wieder die Aufmerksamkeit auf Menschenrechtsverletzungen im Irak gelenkt. Das irakische Regime, erzählt uns Präsident Bush, foltert, tötet ohne Gerichtsverfahren und enthält dem irakischen Volk grundlegende bürgerliche und politische Freiheiten vor. Nicht ein einziges Mal hat der Präsident allerdings vorgeschlagen, daß diese Probleme durch das System des UN-Menschenrechtsvertrags angegangen werden solle - ein System, an das sich zu halten der Irak verpflichtet hat, und zwar an eben die gleichen Grundsätze, die verletzt zu haben, ihm jetzt vorgeworfen wird.

Vielleicht ist das deshalb so, weil die Bush Regierung, die sich gerade aus dem Vertrag über den Internationalen Strafgerichthof ausgeklinkt hat, nicht unbedingt die Aufmerksam auf UN-Verträge gerichtet sehen will. Oder es geschieht auch, weil der Irak bei weitem nicht das einzige Land ist, das sich nicht an seine Verpflichtungen aus dem Menschenrechtsvertragswerk hält. Was auch immer der Grund sein mag, die offensichtliche Bedeutungslosigkeit des Menschenrechtsvertragswerks in den gegenwärtigen Debatten ist beunruhigend.

In dem halben Jahrhundert, seitdem die allgemeine Menschenrechtserklärung abgegeben worden ist, hat die Völkergemeinschaft beinahe 100 umfassende oder regionale Abkommen über einzelne Menschenrechte zu Gegenständen verabschiedet, die so vielfältig sind wie die Diskriminierung der Frauen, Folter in staatlichen Verfahren und das Recht auf Tarifverhandlungen. Wenn auch diese Entwicklungen ein deutliches Zeichen für die anhaltende Verpflichtung der Welt sind, die Menschenrechte zu schützen, so ist doch auffallend wenig darüber bekannt, wie wirksam die Verträge tatsächlich ihrem gesteckten Ziel näherkommen.

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