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Sind die Inflationsängste begründet?

CAMBRIDGE, MASS. – Die massiven fiskal- und geldpolitischen Konjunkturprogramme in den USA und anderen hochentwickelten Ländern heizen derzeit ein wütende Debatte darüber an, ob unmittelbar eine höhere Inflation droht. Schon jetzt steigen die Renditen zehnjähriger US-Schatzanleihen und die Hypothekenzinsen angesichts der Erwartung, dass die US Federal Reserve – die faktische globale Notenbank – zu Zinserhöhungen gezwungen sein wird, die potentiell überall auf der Welt Vermögensblasen zum Platzen bringen könnten. Doch während die Märkte die kurzfristigen Inflationsrisiken für 2021 vermutlich überbewerten, sind sie sich der längerfristigen Gefahren noch nicht völlig bewusst.

Um es klar zu sagen: Derzeit und auf absehbare Zukunft bedarf es eindeutig enormer makroökonomischer Unterstützung. Die pandemiebedingte Rezession ist schlimmer als die globale Finanzkrise von 2008, und Teile der US-Wirtschaft befinden sich noch immer in katastrophalem Zustand. Darüber hinaus könnte sich die Lage, trotz vielversprechender impfstoffbezogener Entwicklungen im Kampf gegen das Coronavirus, noch verschlimmern.

Vor diesem Hintergrund könnte sich ein echtes Inflationsrisiko verwirklichen, falls sowohl die Unabhängigkeit der Notenbanken als auch die Globalisierung in Ungnade fallen. Kurzfristig fürchten die politischen Entscheidungsträger zu Recht, dass Konjunkturhilfen und die Barersparnisse der Verbraucher bei einer Fortsetzung der wirtschaftlichen Erholung einen explosionsartigen Nachfrageanstieg bewirken könnten. Doch ist es unwahrscheinlich, dass dies über Nacht zu einem steilen Anstieg der Inflation führen wird – vor allem, weil der Preisanstieg in modernen hochentwickelten Volkswirtschaften eine sich sehr langsam verändernde Variable ist. Selbst als die Inflation in den 1970er Jahren in vielen reichen Ländern auf zweistellige Werte stieg (und im Vereinigten Königreich und in Japan auf über 20% stieg), dauerte das viele Jahre.

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