Was kommt nach Lee Kuan Yew?

LONDON – Alle politischen Führungspersönlichkeiten sorgen sich um ihr Vermächtnis. Lee Kuan Yew, der sich in Singapur über ein halbes Jahrhundert entweder direkt oder indirekt an der Macht befand – und bis zu seinem Tod im Alter von 91 Jahren über großen Einfluss verfügte – blieb dafür mehr Zeit als den meisten anderen. Mehrere Bände seiner Memoiren belegen Lees Sorge um sein Vermächtnis, obwohl Singapurs außerordentlicher Erfolg unter seiner Führung für sich selbst spricht. Ob man ihn mochte oder nicht – und viele taten das nicht – fest steht: der bemerkenswerte und dauerhafte Wohlstand sowie die Stabilität des Stadtstaates sind nicht zu leugnen.

Die Mühen, die dieser Mann - der sich in seinen späteren Jahren im Amt selbst  als „Minister Mentor“ bezeichnete - in seine Memoiren einfließen ließ, bieten einen Hinweis auf Lees vorrangigstes Anliegen. Sein Vermächtnis im Hinblick auf Singapurs Erfolg in der Vergangenheit mag klar sein, aber wie steht es mit der Zukunft?

Natürlich handelt es sich dabei um eines der wenigen Dinge, die er nicht kontrollieren konnte, abgesehen von der Weitergabe seiner Erkenntnisse an künftige Generationen. Dennoch könnte die strenge Hand, mit der Lee in der Vergangenheit regierte, in einer entscheidenden Hinsicht – nämlich bei der Bestimmung der neuen Führungsgeneration Singapurs – die Zukunft schwieriger gestalten. Das Problem ist gewiss lösbar, insbesondere angesichts des hervorragenden Bildungssystems und der hochwertigen Institutionen aller Art. Allerdings legt Lees eigene Vorgehensweise nahe, dass er gewisse Zweifel hegte.

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